Das Trauma zwischen den Förden

■ Handball-Bundesliga: Nach 22:26 gegen Kiel droht Flensburg erneut dieVize-Meisterschaft

Am Ende kauerte Erik Veje Rasmussen kreidebleich auf seinem Klappstuhl. „Schlimm, sehr schlimm“ sei die Niederlage für sein Team, beteuerte der sichtlich missmutige Trainer der SG Flensburg-Handewitt am Freitagabend kurz nach Spielschluss. Da hatte sein Team soeben eine derbe 22:26 (9:13)-Heimschlappe kassiert – und das ausgerechnet gegen den THW Kiel.

Was für die SG noch schlimmer ist: Der THW entwickelt sich langsam zum Trauma. Bereits im Frühjahr war der erste Meisterschaftsgewinn für die Flensburger zum Greifen nahe, doch Kiel machte fünf Punkte Rückstand noch wett. Auch in dieser Saison droht den Ballwerfern der dänischen Grenze ähnliches Ungemach: Denn durch den Sieg verringerte sich der Rückstand der Jungs aus der Landeshauptstadt auf nur einen Zähler. „Das wird jetzt sehr schwer“, schwant Rasmussen. Da verwundert es nicht, dass sich sein Gegenüber, der sonst eher griesgrämige THW-Coach Zvonimir Sedarusic, in erheblich besserer Laune präsentierte: „Der Sieg war wichtig für uns und die Liga.“

Der Abend verlief von Anfang an gut für die von der Kieler Förde. Bereits kurz nach Spielbeginn gewannen alkoholisierte THW-Anhänger ein kurzes Handgemenge mit einigen SG-Fans; dann lag auch noch die Mannschaft des THW, im Volksmund Zebras gerufen, schon nach 13 Minuten mit 6:2 in Führung. „Mein Team war sehr nervös und hatte gerade am Anfang extrem viele Fehler gemacht“, grummelte Rasmussen später. Recht hatte er.

Zudem stand die 6:0-Deckung des THW vortrefflich und ließ dem sonst viel gerühmten SG-Rückraum um Igor Lawrow (kein Treffer) und Christian Berge (2) plus Andrej Klimovets (3) am Kreis kaum ein Durchkommen. Und gelang es denen von der Flensburger Förde versehentlich doch einmal, die Abwehr des THW zu knacken, stand mit Steinar Ege ein erstklassiger Keeper vor ihnen. Als sich Flensburg dann noch den Luxus leistete, bereits in der ersten Hälfte drei Siebenmeter zu verwerfen, war das Debakel perfekt: Mit einer 13:9-Führung ging der THW in die Pause.

„Hoffentlich brechen die alten Säcke aus Kiel in der zweiten Hälfte ein“, flehte ein SG-Fan noch während der Pausentoilette. Doch sein frommer Wunsch blieb unerfüllt. Im Gegenteil: Nikolaj Jacobsen (sechs Treffer) sowie die Mittdreißiger Magnus Wislander und Staffan Olsson (je 5) nutzten ihre Freiräume und deuteten nicht den Hauch eines Schwächelns an. „Die mussten sich ja gar nicht bewegen“, schimpfte Rasmussen hinterher.

Und so dümpelte die Partie in der zweiten Hälfte mehr oder minder aufregend vor sich hin. Den Flensburgern gelang es immer noch nicht, ihre arg gebeutelten Nerven im Zaum zu halten, und die Kieler schaukelten routiniert ein 26:22 nach Hause.

Beim THW keimen angesichts des auf einen Zähler geschmolzenen Rückstands wieder zarte Titelhoffnungen auf. Doch auch SG-Coach Rasmussen gab sich am Ende versöhnlich: „Wir sind ja noch Tabellenführer, da muss man nicht weinen.“ Matthias Anbuhl