Der Berliner AOK droht der Kollaps

■  Der hoch verschuldeten Krankenkasse fehlen für den Haushalt 2000 noch 280 Millionen Mark. Bundes-AOK droht mit der Auflösung. Heute Abend findet ein Krisengespräch beim Regierenden Bürgermeister statt

Die Lage der hoch verschuldeten Berliner Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) spitzt sich zu: Der AOK-Bundesverband hat in der vergangenen Woche erwogen, entweder die Krankenkassenbeiträge der Berliner AOK von 14,9 auf 17,1 Prozent zu erhöhen oder den Berliner Landesverband zu schließen. Dies wurde gestern aus SPD-Kreisen bestätigt. „Das bedeutet in beiden Fällen das Ende“, hieß es. Auch bei einer in dieser Höhe geplanten Beitragserhöhung sei mit einer massiven Abwanderungswelle der rund 750.000 Versicherten zu rechnen.

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hat für heute Abend deshalb zu einem Krisengespräch eingeladen. Zu den TeilnehmerInnen gehören neben Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) auch Wissenschaftssenatorin Christa Thoben und Innensenator Eckart Werthebach (beide CDU). Außerdem sollen Vertreter der Berliner und der Bundes-AOK teilnehmen.

Ein Gespräch von Kassenvertretern bei Diepgen vor zwei Wochen hatte keinerlei Annäherung erbracht, inzwischen ist die Lage noch ernster. In der vergangenen Woche scheiterte der Versuch, den Haushalt der Berliner AOK für das Jahr 2000 aufzustellen. Der Etatentwurf weist eine Deckungslücke von 280 Millionen Mark auf, obwohl die Bundes-AOK noch bis 2002 einen jährlichen Zuschuss von 300 Millionen Mark überweist. Die Bundes-AOK signalisierte daher, dass der Etatentwurf in dieser Form nicht genehmigt würde.

Zweifel am Erfolg des Krisenmanagements von Diepgen und den beiden frisch gewählten Senatorinnen hat bereits der grüne Gesundheitspolitiker Bernd Köppl angemeldet. Die neue Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler habe noch nicht einmal am Freitag die Amtsgeschäfte übernommen, kritisierte Köppl gegenüber der taz. Schöttler hatte stattdessen an der SPD-Fraktionssitzung teilgenommen.

Die Krisenrunde steht indes unter Zeitdruck, denn schon am Mittwoch berät die Bundes-AOK erneut über den Sozialfall Berlin. Da der Hauptteil der Kassenkosten auf den Krankenhausbereich entfällt, müssten noch mehr Betten abgebaut werden als bislang geplant. „Es gibt mehrere Möglichkeiten, in den Krankenhausplan einzugreifen, um zu weiteren Einsparungen für die Kassen zu kommen“, hieß es aus der SPD.

Als Alternative schlägt Köppl vor, dass der Senat die Kosten für den Personalüberhang übernimmt, die im Zuge des Bettenabbaus entstehen. Dies würde für den Landeshaushalt 2000 allerdings 200 bis 250 Millionen Mark Mehrkosten bedeuten. Profitieren würden davon alle Kassen, der Löwenanteil entfiele aber auf die AOK.

Bei SPD und Grünen heißt es einhellig: „Wenn der AOK-Haushalt nicht genehmigt wird, ist das das Ende.“ Im Falle des – kaum vorstellbaren – Konkurses müssten die Versicherten individuelle Aufnahmeanträge bei Ersatzkassen stellen. Dorothee Winden