Museumschef Schuster bleibt nicht bei seinem Leisten

■ Geht es nach dem Willen des neuen Generaldirektors der Preußischen Museen, steht Berlin eine gigantische Neuordnung der Museumsinsel und des Kulturforums bevor. Heute tagt deshalb der Stiftungsrat der Museen

Heute tagt in Berlin der Stiftungsrat der Museen Preußischer Kulturbesitz: Für ein volles Progamm sorgen die jüngsten Vorschläge des Generaldirektors Peter-Klaus Schuster. Denn kurz bevor die Sanierung der Museumsinsel in die nächste Phase geht und der Wettbewerb für den Umbau des Pergamonmuseums ausgeschrieben wird, lud Schuster zum Überdenken des bisherigen Masterplans ein. Könnten die Weichen nicht doch noch gestellt werden für eine Rückkehr der Gemäldegalerie auf die Museumsinsel?

Möglich geworden ist dieser Vorschlag durch die Einbeziehung des Geländes der Alexanderkaserne, die während der Sanierung der alten Kunsttempel als Ausweichquartier gilt. Mit diesem potenziellen Erweiterungsgelände glaubt Schuster Raum zu gewinnen, um die alte Ordnung von der Antike bis zum 19. Jahrhundert der europäischen Kunstgeschichte wieder neu knüpfen zu können. Das Kupferstichkabinett und das Kunstgewerbemuseum hat er gleich mit in den Umzugswagen nach Mitte gepackt.

Doch schon die finanziellen Ressourcen erlauben den Beginn der Umsetzung dieses Konzeptes frühestens nach der Sanierung der Museumsinsel, die 2010 abgeschlossen sein soll und auf zwei Milliarden veranschlagt ist. Diskutieren muss man die Pläne trotzdem jetzt, um sich nicht die Möglichkeit zukünftiger Erweiterungen zu verbauen.

Der heftigste Widerstand wird sich an der Frage einer sinnvollen Nutzung des dann leer geräumten Kulturforums entzünden, das zu weiteren Jahrzehnten als Provisorium verdammt wäre. Schusters Plan sieht vor, dort die Künste des 20. Jahrhunderts auszubreiten. Die Neue Nationalgalerie, die er auch als Direktor vertritt, will er dann für Wechselausstellungen nutzen.

Vor diesem kühnen Fernziel, das wohl kaum an einem Tag beschlossen werden kann, hat Peter-Klaus Schuster ein konkretes Nahziel: Im Obergeschoss des Alten Museums sollen Begegnungen der Kulturen angezettelt und thematische Links der verschiedenen Wissenschaften aufgespürt werden. Das Vorbild liefert der Pariser Louvre mit Ausstellungen, in denen Philosophen und Dichter Themen der Geistesgeschichte bearbeiten.

In der Zeit der Vereinigung der Museen nach der Wende blieben die Grenzen der Kompetenzen von Archäologen, Kunsthistorikern und Ethnologen bislang unangetastet. Der Grund: Man wollte Ängste um die Hoheitsgebiete der Sammlungen nicht weiter schüren. Der Kraftakt der Neuordnung ließ für wissenschaftliche Reformen keine Energie. Interdiziplinäres Handeln übten Direktoren und Kuratoren bisher kaum. Schusters Initiative, ein „Schaufenster“ aller Sammlungen im Alten Museum einzurichten, kann man deshalb als Testfall für ihr Potenzial werten, über die Verteidigung ihres Claims hinaus kreativ zu werden. Dem entspricht der Gedanke, in einem neuen Institut Wissenschaftler der Universitäten und Museen zusammenzubringen.

Eine Sitzung des Stiftungsrates wird aber kaum reichen, um Schusters „Visionen“ auf ihre Machbarkeit und Akzeptanz bei den Politikern des Bundes, der Länder und der Stadt Berlin hin zu überprüfen. Neue Museen für Mode und Architektur stehen auch noch auf der Liste des neuen Chefs der Berliner Museen. Der Mut, mit dem Peter-Klaus Schuster alle Defizite des Museumsbetriebs anspricht, ohne Angst, in Zukunft immer an diesem gigantischen Plan gemessen zu werden, ist jedenfalls erstaunlich.

Katrin Bettina Müller

Siehe Kultur Seite 13