Polizei schleift Wagenburg in Mitte

■ Eine Hundertschaft räumt das besetzte Grundstück neben dem Wohn-und Kulturprojekt Köpenicker Straße 137. Die Ex-Bewohner haben eine Woche Zeit, ihr Eigentum abzuholen

Das Grundstück Köpenicker Straße 139 ist No-go-Area. Ein gutes Dutzend Polizisten bewacht den Eingang zum benachbarten Wagenburg-Gelände. Zwei Beamte führen einen jungen Mann mit offener Lederjacke ab. Der Wind bläst kalt über das Brachgelände. Rund zehn Behausungen stehen hier: umgebaute Bauwagen, LKWs, Busse. Aus einem ragt ein qualmendes Ofenrohr.

Die ehemaligen Wagenbewohner stehen fröstelnd auf der Straße. Nur die morgendlichen Sonnenstrahlen wärmen ein wenig. Die Ex-Bewohner sind sauer: „Sie lassen mich nicht einmal mehr rein, meinen Wagen wegzufahren“, sagt eine auf Englisch und zeigt mit der Faust Richtung Eingang: „Fuck you!“

Polizeikommissar Burkhardt Opitz lässt sich nicht beeindrucken. „Das Fahrzeug der jungen Dame ist wahrscheinlich nicht zugelassen.“ Eine Hundertschaft war gestern bei der weiträumig abgesicherten Polizei-Aktion im Einsatz. „Wir mussten damit rechnen, dass sich die Hausbesetzer von nebenan mit den Wagenburglern solidarisieren“, erklärt Opitz. Das ehemals besetzte Haus in der Köpenicker Straße 137 sollte vor kurzem zwangsversteigert werden.

Auf dem Platz nebenan geben sich die Beamten kulant. Fast eine Stunde lang versuchen zwei Briten, ihren LKW aus DDR-Produktion zu starten. „Entfernen Sie Ihr Eigentum“, steht auf einem Zettel, den Beamte an einen Zaun kleben. Sollten die rund zwanzig Wagenburgler, überwiegend aus Polen und Großbritannien, „dazu nicht unmittelbar in der Lage sein“, räumt ihnen die Polizei eine Frist ein – bis zum 21. Dezember. Danach werden laut Anschlag „alle verbleibenden Gegenstände und Fahrzeuge als Abfall entsorgt“.

„Die Verwahrlosung muss ja einmal ein Ende haben“, so Opitz. Ende November hatte das Bezirksamt Mitte eine Müllentsorgung veranlasst und die fälligen Kosten dem Grundstückseigentümer in Rechnung gestellt. Dabei sei jedem klar gewesen, dass der Müll nicht nur von den Besetzern, sondern auch aus der Nachbarschaft gekommen sei, so eine Anwohnerin.

Dennoch hatte der Grundstückseigentümer bei der Polizei die Räumung beantragen lassen, die gestern nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) durchgeführt wurde. Martina Trixner vom Architekturbüro Felgendreher, das die Pläne für ein Büro- und Geschäfthaus mit 6.000 Quadratmeter Nutzfläche auf dem Gelände ausgearbeitet hat, begründet die Räumung so: „Die ständige Müllbeseitigung war für den Eigentümer kostenmäßig nicht mehr tragbar.“ Außerdem habe man bereits eine Baugenehmigung und könne sofort mit den Arbeiten beginnen. Ein konkreter Termine stehe allerdings noch nicht fest.

Dennoch mussten die Bewohner schon gestern weichen. „Die Menschen, die jetzt geräumt wurden, werden Weihnachten auf der Straße verbringen“, sagt die Anwohnerin und spuckt in eine Pfütze. Richard Rother