Elversberg statt New York

■ Der US-Fußballer Eric Wynalda landete in der Regionalliga und hat Tipps für Lothar Matthäus

Saarbrücken (taz) – Der Amerikaner fliegt gern und viel: Eiffelturm, Matterhorn, Hofbräuhaus – alles an einem Nachmittag. Auch der US-Profisportler sitzt jobbedingt oft im Flieger: heute Dallas, morgen Chicago, dann wieder L.A. Der jüngste Flugplan des Fußballers Eric Wynalda dürfte allerdings Seltenheitswert haben: Miami – Elversberg – Marokko. Klingt nach Urlaub, ist aber Arbeit. Abschied von Florida donnerstags, 13. November, erstes Punktspiel für den neuen Klub in der saarländischen Provinz am Samstag, gleich weiter zum Mittwochs-Länderspiel nach Nordafrika – für Vielflieger Wynalda kein Problem: Der Mann hat in der Major League Soccer (MLS) gespielt. Da geht das jede Woche so, von Februar bis November.

Mittlerweile schießt Eric Wynalda wieder Tore für den 1. FC Saarbrücken, wie damals, 1992. Da schlug der kalifornische Sunnyboy in der Bundesliga ein wie Landsmann Greg Louganis ins Sprungbecken: Mit Technik, Präzision und Ausstrahlung reihte der unbekümmerte Amerikaner Erfolg an Erfolg. Später, beim VfL Bochum, lief es nicht mehr so toll. Die Unabsteigbaren stiegen ab, Wynalda plagten Verletzungen. Er wechselte zu San Jose. Drei Jahre spielte Wynalda dort, wurde nach Mexiko ausgeliehen und landete schließlich beim Team von Miami. „Da hatte ich gerade erst einen Kreuzbandriss, und die haben gesagt: Egal, komm trotzdem!“

Ähnlich locker ging auch Saarbrückens Coach Klaus Toppmöller das Projekt Transfer an. Wynalda: „Er hat angerufen und gefragt: Was machst du? Nix, hab ich gesagt. Und schon spiel ich hier in der 3. Liga oder wie heißt das noch mal?“ Regionalliga Südwest heißt die Klasse, Sportfreunde Siegen und SC Idar-Oberstein sind die Gegner, nicht mehr New York oder Chicago. Und statt in seinem schicken Haus in Las Vegas mit Golfplatz vor der Tür wohnt er nun in Forbach, einer schnöden Industriestadt in Lothringen. Dafür dauern die Fahrten zu den Auswärtsspielen nicht mehr so lange: Zu seiner ersten Partie gegen die Spielvereinigung Spiesen-Elversberg fuhr Wynalda mit dem Auto eine Viertelstunde. Bleibt also viel Zeit neben dem Fußball: Backgammon, Pasta und Cappuccino in der Pizzeria Mingo Due, Wynaldas zweitem Wohnzimmer in Saarbrücken. „Auch als ich in Bochum war, haben wir uns oft hier getroffen: Joe Max Moore, Jovan Kirovski – lauter Amis halt.“

Wynalda ist Patriot, erzählt gern von zu Hause, von Westlake Village bei Malibu. Mehr als hundertmal trug er das Nationaldress, schoss 33 Tore. „Eins mehr als Maradona“, sagt er stolz. „Wieviel Spiele hat eigentlich Matthäus?“ 143. Könnte der 30-Jährige auch schaffen: Das US-Team bestreitet außergewöhnlich viele Spiele, „etwa 13 im Jahr“, rechnet Wynalda. „Aber der Trainer hat ein bisschen ein Problem damit, dass ich nur in der 3. Liga spiele.“

Ist die deutsche Regionalliga denn so viel schlechter als die MLS? Nach Wynaldas Ansicht schon: „MLS-Teams sind ungefähr so stark wie Ulm, Unterhaching oder Aachen. Aber es kommen viel weniger Zuschauer, 15.000 vielleicht. Nur zwei Teams haben eigene Stadien. Ständig zwischen diesen Football-Linien rumrennen ist schon nervig.“ Und da soll ein Lothar Matthäus mit seinen New York/New Jersey MetroStars Spaß haben, andere gar anstecken mit seiner Begeisterung? „Das wird super für ihn. Er wird ein ganz anderes Leben haben, ganz normal. Er wird auf die Straße und ins Restaurant gehen können, ohne erkannt zu werden. Das ist New York, Mann.“ Dass aber das Stadion wegen Matthäus ausverkauft sein wird, steht nicht zu erwarten. „Die Leute wollen Spieler, mit denen sie sich identifizieren können. In San Jose spielen fast nur Mexikaner, in Miami gibt es eine große Kolonie Kolumbianer. Insofern wäre Chicago für Lothar vielleicht besser gewesen.“ Den geringsten Anteil, bei Spielern und Trainern, machen US-Boys aus. Die verdienen auch am schlechtesten: kaum mehr als 30.000 Dollar, sagt Wynalda.

Da wird so mancher gegen den Großverdiener aus Germany besonders motiviert sein und die uramerikanische Winner-Mentalität an den Tag legen. Die hat Eric Wynalda trotz holländischer Vorfahren natürlich auch, schon im Namen, wie er erklärt: „Wynalda kommt von: Win-all-the-Games. So heißt das Sportgeschäft meines Vaters.“ Matthäus auf Amerikanisch? Klingt eher wie Mad house. Trotzdem viel Spaß, Low thar.

Thomas Becker