Verstellter Blick, verfehlte Kritik

In der linken Polemik des Autorenkollektivs „SpaceLab“ bleiben die wirklich spannenden Themen leider außen vor

Galten Publikationen wie der 1992 erschienene Sammelband „Die Stadt als Gabentisch“ vor geraumer Zeit noch als Ausnahme, haben kritische Bücher zum Thema Berlin und Stadtentwicklung derzeit eine gewisse Konjunktur. Dies gilt auch für den von Klaus Ronneberger, Stephan Lanz und Walther Jahn verfassten Band „Die Stadt als Beute“. Das Oberthema lautet hier wie auch in vielen der neuen Bücher: Stadtentwicklung und ihre Folgen unter dem Vorzeichen der Globalisierung und einer neoliberalen Standortpolitik.

Entsprechend breit gefächert liest sich auch die Themenpalette. Die „Stadtentwicklung nach dem Wirtschaftswunder“ wird ebenso behandelt wie der Wandel städtischer Ökonomie zum Erlebnisstandort. Und weil das natürlich nicht alles ganz reibungslos vonstatten geht (oder gehen soll), liefern die Autoren auch noch ihre Sicht auf die herrschende Politik des „Law and Order“, der „sauberen und sicheren Stadt“.

Das ist freilich alles nicht besonders neu, und wer in Berlin die Flugblätter der Innen-Stadt-Aktion gelesen hat, wird auch den manchmal etwas sehr universitären und hermetischen Duktus der Autoren wieder erkennen, mit der sich das Forschungskollektiv „SpaceLab“ schon lange zu theoretischen Fragen der Stadtentwicklung zu Wort medet.

Fast schon ärgerlich wird das Buch aber dann, wenn die politische und ökonomische Verantwortung für die Privatisierung der Stadt und die Ausgrenzung vieler ihrer Bewohner ganz und gar bei eben jenen Law-and-Order-Politikern und ihrer Maxime der „Null Toleranz“ verortet wird. Wird da bewusst einer eindimensionalen Sicht auf die „mehrfach geteilte Stadt“ das Wort geredet? Oder glauben die Autoren wirklich daran, dass die Probleme der Stadt gelöst wären, wenn nur jeder Punk und Obdachlose unbehelligt im Bahnhof schnorren dürfte?

In einem haben die Autoren sicher Recht: Die Stadt, in der wir heute leben, hat mit der, mit deren Begriffen wir immer noch operieren, nicht mehr viel gemeinsam. Um die Dimension der Veränderung aber auch nur annähernd beschreiben zu können, versperren einseitige Schuldzuweisungen nur den Blick. Die Privatisierung (und Individualisierung) der Stadtbewohner verändert die städtische Realität wahrscheinlich mehr als die Privatisierung der Bewag.

Die entscheidenden Debatten, jene, die man nicht so einfach unter dem Stichwort „gut“ oder „böse“ subsumieren kann wie etwa die Diskussion um die Bewertung der neuen „Ghettos“, bleiben in diesem Buch jedenfalls außen vor. Schade eigentlich. Uwe RadaKlaus Ronneberger/Stephan Lanz/Walther Jahn: „Die Stadt als Beute“. Verlag Dietz Nachfolger, 240 Seiten, 24,60 Mark