Castro versilbert seine Zigarren

Für eine halbe Milliarde US-Dollar vergisst Kubas Regierungschef seine Prinzipien und verkauft die Hälfte des staatlichen Tabakmonopolisten Habanos ■ Von Knut Henkel

Hamburg (taz) – Mit einer echten Havanna lässt sich gutes Geld machen, das weiß auch Fidel Castro. Einmal im Jahr spielt Kubas Staatschef Auktionator bei einem erlesenen Zigarren-Diner und bringt handsignierte Kisten mit edlem Rauchwerk unter das reiche Publikum aus aller Welt.

Doch mit den berühmten kubanischen Zigarren lässt sich noch viel mehr Geld machen: Eine halbe Milliarde US-Dollar zahlte der französisch-spanische Tabakkonzern Altadis für die Hälfte der Anteile am kubanischen Tabakmonopolisten Habanos S.A., der die Produktion und den Vertrieb der Havannas kontrolliert. Altadis ist die Nummer eins im internationalen Zigarrengeschäft und drittgrößter Tabakkonzern Europas.

Die beiden Firmen arbeiten schon länger zusammen. Außerdem verfügt Altadis bereits über die Marketingrechte an den bekanntesten Zigarren der Welt, darunter Cohiba, Montecristo und Romeo y Julieta. Dies gab den Ausschlag für das Angebot des in Madrid registrierten Konzerns.

Altadis war erst vor wenigen Wochen aus der Fusion der spanischen Tabacalera und der französischen Seita hervorgegangen, die beide über reichlich Kuba-Erfahrung verfügen und nicht ganz unbeteiligt am deutlichen Anstieg der kubanischen Zigarrenproduktion in den letzten Jahren sind. Über Vorfinanzierungsverträge mit der 1994 gegründeten Habanos S.A. sorgten die beiden Direktimporteure dafür, dass die nötigen Materialien rechtzeitig zur Verfügung standen. Die spanische Tabacalera ging sogar so weit, im Austausch für Zigarren Düngemittel, Fungizide und sogar die kleinen Messingnägel für die Zigarrenkisten einzukaufen und nach Kuba zu liefern.

Doch nicht nur die Produktionsmittel wurden vorfinanziert. Die europäischen Importeure gaben auch die nötigen Devisen für die Leistungsprämien, die seit Dezember 1994 in harten Dollars an die Zigarettendreher gezahlt werden und die Arbeitsmotivation deutlich verbesserten.

Erst auf Basis dieser von Habanos S.A. koordinierten Neuerungen, der Ausweitung der Anbaufläche und der Flexibilisierung der Anbaustrukturen kam es zur Erholung der darnieder liegenden kubanischen Zigarrenfertigung. 1993 war mit einer Produktion von 53 Millionen Stück der absolute Tiefpunkt erreicht. Drei Jahre später verließen immerhin schon 70 Millionen Stück die Karibikinsel nach Übersee. Und für das laufende Jahr rechnet Habanos S.A. mit mindestens 150 Millionen First-Class-Zigarren, die 288 Millionen US-Dollar Umsatz und 64 Millionen Gewinn bringen sollen.

Zwar wird sich die kubanische Regierung den Gewinn in den folgenden Jahren mit Altadis teilen müssen, aber mit den 500 Millionen US-Dollar aus Madrid lassen sich lange aufgeschobene Investitionen in anderen Sektoren finanzieren. Ohnehin ist die Finanzspritze eine der größten Auslandsinvestitionen in der kubanischen Geschichte und das bisher spektakulärste Joint Venture im kubanischen Agrarsektor, der bisher weitgehend von Auslandseinflüssen abgeschirmt wurde.

Altadis festigt hingegen mit dem Einstieg beim kubanischen Staatsunternehmen seine führende Position auf dem lukrativen Zigarrenweltmarkt und sichert sich den Bezug des erlesenen kubanischen Tabaks für die eigene Produktion. Für Vorstandsmitglied Antonio Vázquez eine entscheidende Voraussetzung für die Expansion auf dem wichtigsten Wachstumsmarkt, den USA. Probleme mit den US-amerikanischen Behörden gebe es Vázquez zufolge nicht, da Habanos weder über Grundbesitz noch über Produktionsmittel in Kuba verfügt. Seine Beteiligung würde somit nicht mit den Bestimmungen des Helms-Burton-Gesetz kollidieren. Das sieht Sanktionen für ausländische Firmen in den USA vor, falls sie in Kuba Industrieanlagen erwerben, die aus enteignetem Besitz von Amerikanern stammen.