Topmanager soll die Bahn heilen

Hartmut Mehdorn will das Streckennetz aus dem Konzern herauslösen und Chancengleichheit gegenüber der Straße, die der Staat finanziert ■ Von Bernward Janzing

Freiburg (taz) – Hartmut Mehdorn hat gestern in Frankfurt sein Amt als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG angetreten. Der 57-Jährige gilt als zupackend und kreativ. Er war viele Jahre Manager bei Airbus und wechselte 1995 in den Vorstand des Konzerns Heidelberger Druck, wo er innerhalb von vier Jahren sowohl den Umsatz als auch die Zahl der Beschäftigten verdoppelte.

Der neue Bahnchef wird unter hohem Erfolgsdruck stehen, nachdem sein Vorgänger Johannes Ludewig wenig Geschick bei der Sanierung des Unternehmens gezeigt hat. „Er bringt alle Voraussetzungen mit, die die Bahn als Sanierungsfall benötigt“, meint Albert Schmidt, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen. Gerd Aberle, aus dessen Feder die Bahnreform 1994 entsprang, wünschte Mehdorn „dass er sich nicht durch Rückschläge, die es sicher geben wird, entmutigen lässt.“

Mehdorn hat sich vor allem zwei Ziele gesteckt: „Mehr Transparenz“ bei den Fahrpreisen und den erfolgreichen Umbau des Bahnkonzerns. Die Preise sollen sich künftig an der Nachfrage orientieren: viel befahrene Strecken würden teurer, wenig frequentierte Wege billiger. Mehdorn verkündete, er könne sich vorstellen, das Streckennetz aus dem Bahnkonzern herauszulösen.

Die Deutsche Bahn wurde schon mehrfach umgebaut: 1994 zur Aktiengesellschaft, Anfang 1999 zur Holding. Nicht zuletzt auf Betreiben der Europäischen Union hat man in Deutschland vor einem Jahr die Eisenbahninfrastruktur vom Transportbetrieb organisatorisch und buchhalterisch getrennt. Damit entstanden unter dem Dach des DB-Konzerns fünf eigenständige Tochtergesellschaften für die Sparten Fern- und Nahverkehr, Gütertransporte, Bahnhöfe und Trassen. Gegen Bezahlung eines Kilometerpreises an die Netzgesellschaft DB Netz nutzen die DB Reise & Touristik (Fernverkehr), die DB Regio (Nahverkehr) und die DB Cargo (Güterverkehr) die Schienen. Aber auch andere Unternehmen können die Gleise zu gleichen Konditionen nutzen. In der Praxis kommt der Wettbewerb aber nicht richtig in Gang, weil die Trassenpreise sehr hoch sind.

Um die Nutzung der Gleise auch für Dritte attraktiv zu machen, müssen die Preise gesenkt werden. Diesen Schritt wird aber keine Netzgesellschaft gehen, die als Aktiengesellschaft der Gewinnmaximierung verpflichtet ist. Eine öffentlich-rechtliche Einrichtung hingegen kann die notwendigen gesellschaftlichen Ziele verfolgen. Deshalb fordern Bahnexperten, die Netzgesellschaft aus der DB-Holding auszugliedern und künftig als staatliches Unternehmen zu führen.

Dahinter steckt auch das Bestreben, der Schiene eine Chancengleichheit gegenüber der Straße zu verschaffen. Denn auch die Straßen werden nicht von einer privaten Firma gebaut, die mittels Nutzungsgebühren maximalen Profit erwirtschaften will; Bau und Unterhaltung der Straßen werden auch mit öffentlichen Geldern finanziert und den Nutzern kostenlos überlassen. Gleicht man diese Voraussetzungen bei der Schiene an, können die verbleibenden vier Gesellschaften der Deutschen Bahn AG in den kommenden Jahren für die Börse fit gemacht werden.