Die Zweifel des Ermittlers an seinem Auftrag

Volker Neumann ist Jurist und illusionslos. Als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre fürchtet der SPD-Abgeordnete vor allem zu große Erwartungen ans Parlament

Berlin (taz) – Der SPD-Abgeordnete Volker Neumann stand dem Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre anfänglich skeptisch gegenüber. Er hatte Zweifel, dass das Gremium überhaupt genügend Beweismaterial zusammentragen könnte, um die Affäre aufzuklären. Der vorsichtige Jurist fürchtete, dass – nicht zuletzt in den eigenen Reihen – viel zu hohe Erwartungen geschürt würden. Da aber immer mehr Fakten zusammenkamen und die CDU mehrfach angekündigt hatte, alles restlos aufklären zu wollen, hat sich Neumann letztlich doch für den Ausschuss ausgesprochen.

Seit klar ist, dass Neumann dort den Vorsitz innehat, ist er einer der gefragtesten Politiker im Berliner Regierungsviertel. In seinem Abgeordnetenbüro steht das Telefon nicht mehr still, in der Lobby des Parlaments wird er ständig angesprochen. So begehrt war der Rechtsanwalt und Notar aus Bramsche wohl noch nie. Dabei sitzt er mit einer Unterbrechung schon seit mehr als 20 Jahren für die SPD im Bundestag.

Neumann gehörte nie zu den schillernden Figuren des Parlamentsbetriebs. Seine Sachgebiete waren häufig Randthemen. Er engagierte sich für die Wahrung der Menschenrechte und für die Freilassung von politischen Gefangenen. Als die Boatpeople aus Vietnam 1978 nach Deutschland kamen, war der Südostasien-Fan einer der wenigen, die die Region kannten. Seitdem ist Neumann der Südostasien-Spezialist der SPD-Fraktion. Mit Osttimor und seiner Unabhängigkeitbewegung hat er sich schon beschäftigt, als die Region noch nicht weltweit für Schlagzeilen sorgte.

Heute sitzt er im Auswärtigen Ausschuss, im Menschenrechtsausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Überwachung der Geheimdienste. Auf dem Bücherbord in seinem Abgeordnetenbüro steht ein Schild aus Kambodscha. „No Mine“ ist da zu lesen. Das erinnert ihn an ein deutsches Hilfsprojekt, für das er sich stark gemacht hat, und daran, „dass dort noch drei bis vier Millionen Landminen liegen, die jeden Monat 60 Opfer kosten“.

Die chinesische Kalligrafie hinter seinem Schreibtisch stammt von einem ehemaligen Flüchtling. Neumann sorgte dafür, dass der Mann in Deutschland bleiben konnte.

Der 57-Jährige ist ein eher nachdenklicher Politiker. Über das „fehlende Unrechtsbewusstsein“ von Helmut Kohl war er „erschrocken“. Es zeige, so resümiert der Sozialdemokrat, „dass man als Politiker, gerade wenn man fest im Sattel sitzt, sich immer wieder selbst in Frage stellen muss“.

Neumann drängt es nicht ins Scheinwerferlicht. Auf den Ansturm der Medien reagiert er umso souveräner. Die Aufklärung der Affäre wird wohl zwei Jahre in Anspruch nehmen, kalkuliert Neumann. Um den Ausschuss zu einem passablen Ergebnis zu führen, wird er die Mithilfe der Journalisten brauchen. Denn eigene Ermittlungen kann das Gremium nicht anstellen.

Die Zwänge, denen Untersuchungsausschüsse ausgesetzt sind, kennt Neumann aus eigener Anschauung. Der Abgeordnete saß für die SPD bereits im Schalck-Golodkowski-Untersuchungsausschuss und im Treuhand-Ausschuss. Außerdem leitete er den Ausschuss zum alten DDR-Vermögen. Karin Nink