Exterritorial

■ Das Kubelik-Klaviertrio gab seinen Einstand in der Glocke

Das Angebot hochqualifizierter und ungemein inspirierender Orchester, Kammermusikgruppen und SolistInnen ist in Bremen inzwischen so groß, dass es richtig schwer ist, in dieses Niveau noch hineinzukommen. Merkbar war das am Kubelik-Trio aus Prag, das jetzt sein bremisches Debut beim Philharmonischen Kammerkonzert hatte. Die seit langem in Prag lebende japanische Geigerin Sizuka Ishikawa, die Cellistin Karel Fiala und die Pianistin Kvita Bylinska spielen seit 1997 zusammen.

Das Klaviertrio scheint unter den Kammermusikformationen die labilste zu sein: viele spielen einige Jahre zusammen und lassen es dann wieder, im Unterschied zum Streichquartett zum Beispiel, dessen MusikerInnen häufig über dreißig Jahre zusammenbleiben. Das mag am unvergleichlich kleineren Repertoire liegen. Ausnahmen bestätigen die Regel: unvergessen die über dreißigjährige weltberühmte Gemeinschaft des „Beaux Arts-Trios“ – mit nur einem Geigerwechsel!

Das Kubelik-Trio hat sich die Wiedergabe der tschechischen Musik zur wichtigsten Aufgabe gemacht, und das ist auch gut so. Denn die Wiedergabe von Mozarts Klaviertrio E-Dur, KV 542, blieb unbefriedigend: Klotzig und unregelmäßig in der Tongebung das Klavier, großbogig und mit aufgesetzter Expression (Vibrato!) die beiden Streicher: damit wird man dem rhetorisch-heiklen und zutiefst poetischen Werk nicht gerecht. Die Harmoniewechsel blieben ohne jedes Geheimnis. Während das Trio den klassischen Bereich angesichts heutigen Interpretationsstandes wird überdenken müssen, kann sich in der Musik ihres Landes traumwandlerisch sicher bewegen.

Das Klaviertrio von Viteslav Novk (1870-1949), 1902 geschrieben, markiert auf spannende Weise den Weg vom 19. zum 20. Jahrhundert: der Schüler von Anton Dvorak war kurz nach der Jahrhundertwende bekannter als Leos Janacék. Als „exterritorial“ hätte Theodor W. Adorno, der mit allen Komponisten, die nicht die Schönbergsche Richtung einschlugen, nichts anfangen konnte, wohl auch ihn eingeordnet. Das Kubelik-Trio fand einen warmen und gleichzeitig explosiven Ton dieser kraftvollen, von der mährischen und slowakischen Folklore beeinflussten Musik. Mit ähnlicher Kraft rauschte Dvoraks unsterbliches „Dumky-Trio“ ins Publikum, durchweg war der Wechsel von rezitativischen Dialogen und vollen Tutti-Rhythmen gelungen. Ein nettes Konzert, aber kein Muss. USL