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Italiens Regierungschef D’Alema tritt zurück und bleibt dochDer Konterkünstler

Dass er ein guter Fußballer ist, hat Italiens Regierungschef Massimo D’Alema schon oft bewiesen. Trotz seiner 50 Jahre kickt er bei Benefizspielen eifrig mit und drückt den Ball bei so manchem Konter ins Tor. Die Methode hat er auch als Politiker zur Perfektion gebracht: Immer wenn der linksdemokratische Karrierist entdeckt, dass seine Gegner eine Front gegen ihn formieren, kontert er mit einer unvorhergesehenen Aktion. So war es, als er sich bei der PDS im Handstreich gegen eine Urabstimmung an die Spitze setzte, und so ist es nun bei seinem Manöver mit der „Regierungskrise“.

Während seine Gegner innerhalb der Koalition noch zu mauscheln versuchten, wie sie den präpotenten Regierungschef nach altgewohnter Manier durch dauerndes Krisengerede weich kochen können, denunzierte er öffentlich eine für das Land „verheerende Intrigenwirtschaft“ und trat zurück. Da es keinen konsensfähigen Alternativkandidaten gibt, wird D’Alema wohl wieder Chef der Administration werden – und damit die Weichen für die im Frühjahr 2001 anstehenden Parlamentswahlen stellen. Zumal es politischer Selbstmord aller Regierungsparteien wäre, wollten sie nächstes Jahr, kurz vor dem Urnengang, noch einmal das Zugpferd wechseln.

Genau das hatte die „Nörglerfraktion“ um den ehemaligen Staatspräsidenten Francesco Cossiga zu verhindern getrachtet: Sie hätten für die verbleibende Zeit lieber einen schwachen Regierungschef gehabt wie den parteipolitisch nicht gebundenen Schatzminister Giuliano Amato, um die „Kanzlerkandidatur“ lange offen zu halten und dabei möglichst viele Vorteile für sich herauszuschlagen.

D’Alemas Verhalten des Konterschlags ist eine Novität in Italiens Politik. Bisher hatte es geradezu als Gesetz gegolten, dass die Koalitionäre ihre Regierungschefs systematisch verschleißen und so ihre Interessen durchsetzen. Die Politprofis werden nun umso eifriger nach Rezepten suchen, um dieser neuen Strategie beizukommen. Werner Raith

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