Kommentar
: Der Schmierenkomödiant ■ Kohl glaubt noch immer, er stehe über dem Gesetz

Nun also die Akten über den Leuna-Verkauf an Elf Aquitaine, die im Kanzleramt als vermisst gemeldet werden. Die fehlenden Schriftstücke passen zu der Serie von rätselhaften Ungereimtheiten, überraschenden Offenbarungen und schweren Gesetzesverstößen. Was wäre davon bekannt geworden, hätte Helmut Kohl im letzten Jahr die Wahl gewonnen? Vermutlich nichts. Der Umgang des „Einheitskanzlers“ mit Partei, Moral und Gesetz weist darauf hin, dass einige Konservative dem Glauben nachhängen, sie seien qua Naturgesetz die Herrscher über dieses Land. Die Möglichkeit, vom Volk abgewählt zu werden, wurde offenbar als rein theoretisch betrachtet und dementsprechend vernachlässigt.

Und nun? Im für die CDU günstigsten Fall muss die Partei einige Millionen Mark zurückzahlen. Sie sieht sich auf Jahre hinaus mit den unangenehmen Fragen eines Untersuchungsausschusses konfrontiert. Ihr Ehrenvorsitzender ist politisch erledigt, ihre Spendeneinnahmen sinken. Und wenn es ungünstig kommt? Strafverfahren gegen Kohl, Kiep und Konsorten mit Anklagen, die Haftstrafen nicht ausschließen. Ein völlig demolierter Exkanzler, eine desavouierte Partei. Und: rund 400 Millionen Rückzahlungen an den Bund. Die CDU muss Konkurs anmelden. Deutschlands Konservative müssen sich neu gründen.

Die Union ist nicht mehr der Staat, Kohl ist nicht mehr der Kanzler. Das Unvorstellbare, der Verlust der Macht, hat Unvorstellbares ans Licht gebracht: einen Parteichef, der mit Sicherheit geschmiert hat (seine Partei) und möglicherweise geschmiert wurde (Saudi-Panzer; Leuna).

Wenn Kohl heute darauf beharrt, seine anonymen Spender weiter im Dunkeln zu belassen und keine Namen zu nennen, zeigt das, dass der Mann immer noch glaubt, er, der CDU-Ehrenvorsitzende Helmut Kohl, stehe über dem Gesetz. Doch darin ist eindeutig geregelt, dass größere Parteispenden nicht anonym abgegeben werden dürfen. Kohl gibt wie jeder stinknormale Betrüger nur das zu, was offensichtlich ist, und schweigt, wenn es an die Substanz geht. Der Unterschied ist nur: Der Betrüger weiß, dass er das Gesetz bricht. Der Ex-Bundeskanzler will davon offenbar bis heute nichts wissen. Auch für Helmut Kohl gilt die Unschuldsvermutung. Doch sein Verhalten lässt noch Schlimmes befürchten.

Klaus Hillenbrand