Weihnachtlicher Karneval

Karens KochKunst - die Serie der taz hamburg für GenießerInnen, Teil 27: Fleischfresser und -feinde vereint unterm Tannenbaum  ■ Von Karen Schulz

Wer sich die Mühe macht, eine kleine ungezwungene Umfrage unter Verwandten, Bekannten oder auf der Straße zu veranstalten, wird schnell zu folgendem Ergebnis kommen: In den meisten Haushalten gibt es an Weihnachten deftige Kost – Fleisch inklusive. Von Kartoffelsalat mit Würstchen (damit es Muttern, die ja immer in der Küche steht, auch mal schön hat) über den 70er Jahre-Renner Fleischfondue bis hin zu den zeitlosen Klassikern Gans, Pute, Ente und Karpfen blau – ohne Fleisch respektive Fisch läuft gar nichts. Familien mit VegetarierInnen haben es schwer – es sei denn, alle schwören rechtzeitig auf wenigstens einmalig-fleischlose Ernährung und sind Weihnachten deshalb ganz harmonisch.

Anderen gemischten Versammlungen am Esstisch unterm Weihnachtsbaum gebricht es dagegen manchmal an eben jener Gemütsverfassung – Harmonie. Wenn ausschließlich fleischlose Kost in Schüsseln steht – und die Rede ist nicht nur von geriebener roher Möhre an traurigem Salatblatt –, dann dauert es meist nicht lange, bis ein enttäuschter Fleischfan zumindest verbal Kotelett, Steak oder Braten heraufbeschwört. Und umgekehrt stört natürlich auch so mancheR VegetarierIn mit grünem Gesicht und Würgelauten die weihnachtliche Stimmung, weil auf dem Tisch ein ganzes Tier (beim Karpfen auch noch mit vorwurfsvollem Blick) ruht, anstatt sich in einer artgerechteren Lebensumgebung quicklebendig zu tummeln. Solcherart Geschichten bekommt, wer sie selbst zu berichten weiß, erstaunlich häufig bestätigt.

Wenn als Konsequenz nun nicht getrennte Feiern oder zumindest Mahlzeiten ins Haus stehen sollen, ist eine Lösung nicht ganz einfach: Einen turnusmäßigen Wechsel zwischen fleischlosem und -haltigem Menü als Kompromiss zu kommandieren, hilft hier nicht viel. Praktisch sind hingegen erprobte Gerichte, die auch eingefleischten (sic!) Karnivoren Begeisterungs-rufe entlocken wird. Wie beispielsweise die Paranuss-Pastete (siehe rechts): Denn sie schmeckt nicht nur köstlich, sondern erhält durch einen Trick der Natur – Paranüsse – einen geradezu fleischähnlichen Geschmack (der allerdings bisher auch noch keine FleischverächterIn abgestoßen hätte). Kurz: Ein prächtiges Kernstück für das fleischlose Weihnachtsdinner – und dazu noch schnell vor- und zuzubereiten.

Dazu passen je nach Gusto verschiedene Gemüse von Brokkoli über Röstkartoffeln bis hin zu Rotkohl und leckere Sößchen wie Cumberland oder ein herzhaft-fruchtiges Chutney.

Als Vorspeise bietet sich ein Salat an, um den Magen nicht frühzeitig zu füllen, und als Dessert ist fast alles genehm, besonders gut kommt immer selbstgemachtes Eis oder eine leichte Mousse mit Früchten.

Wenn sich unter den Essenden auch VeganerInnen befinden, also Menschen, die gänzlich auf Tierprodukte verzichten, wirds mit der Pastete ein wenig komplizierter: Die Eier kann man weglassen, die Butter durch Pflanzenmargarine ersetzen. Lediglich der Blätterteig muss dann selbstgemacht werden, da Fertigprodukte meist mit Butter hergestellt werden. Beilagen und Vor- und Nachspeise können diesem Speiseplan leicht angeglichen werden. In diesem Sinne: Köstliche Weihnachten!