Ex-Heyme-Vertrauter angeklagt

■ Franz Peschke soll das Lausanner Vidy-Theater betrogen haben. Früher war er am Bremer Theater. Eine Räuberpistole

Ein „alter Bekannter“ aus Bremer Theatertagen ist jetzt wieder in die Schlagzeilen geraten. Franz E. Peschke, vor sechs Jahren enger Mitarbeiter des Ex-Intendanten des Bremer Theaters, Hansgünther Heyme, soll das Vidy-Theater in Lausanne übers Ohr gehauen haben. Nach übereinstimmenden Berichten von Lausanner Zeitungen wurde der mit der Organisation von Deutschland-Tourneen beauftragte Peschke jetzt fristlos entlassen. Ihm wird vorgeworfen, dass er Verträge gefälscht und die Gagen des Ensembles gegenüber den deutschen PartnerInnen eigenmächtig niedriger angesetzt hat. Der dem Theater entstandene Schaden ist noch unbekannt. Peschke soll nach der Entlassung verschwunden sein.

Das Bekanntwerden dieser Vorwürfe macht aus heutiger Sicht noch deutlicher, in welcher Krise das Bremer Theater zu Beginn der 90er Jahre steckte. Denn ebendieser Franz Peschke ist 1992 mit Hansgünther Heyme ans Bremer Theater gekommen und hat nur ein Jahr später maßgeblich zu Heymes Fall beigetragen. Eigentlich galt damals der Freiburger und spätere Stuttgarter Intendant Friedel Schirmer als heißer Kandidat für den Job in Bremen. Doch die Bremer und vor allem der damalige Staatsrat Andreas Fuchs setzten auf Heyme, der den DGB-SPD-Promis im Ruhrgebiet alle Jahre wieder die Ruhrfestspiele in Recklinghausen bescherte und dessen Stern schon in dieser Zeit am Sinken war.

Der nach taz-Recherchen vergleichsweise fürstlich bezahlte Intendant Heyme brachte Peschke nach Bremen mit. Für monatlich 10.000 Mark sollte der zum stellvertretenden Intendanten werden. Auf einen mit ein paar tausend Mark weniger dotierten Berater-posten ließ er sich herunterstufen (und bekam die Differenz über die – zusätzlich honorierte – Inszenierung eines Weihnachtsmärchens doch noch). In den folgenden Monaten machte das Theater nicht nur wegen riesiger Lücken im Spielplan und zurückgehender BesucherInnenzahlen von sich reden. Auch gegen Peschke wurden Vorwürfe laut. Es ging um Kosten in der Vorbereitung von Heymes Intendanz in Bremen. 120.000 Mark war die vertraglich vereinbarte Obergrenze. Doch Heyme forderte über 40.000 Mark mehr. Ein Teil der später nachgereichten Belege war, so hieß es damals aus Theaterkreisen, dilettantisch gefälscht. Die Staatsanwaltschaft nahm gegen Heymes Vertrauten Peschke Ermittlungen auf. Doch die wurden eingestellt – beziehungsweise verliefen nach Insiderangaben im Sande. Die taz recherchierte damals Peschkes Vorleben als betrügerischer Geigenhändler.

In der Schweiz galt Peschke bis vor kurzem als ausgewiesener Kenner der deutschen Theaterlandschaft. Immerhin fand er Jobs in Schwerin, Bad Hersfeld, beim Kulturfestival in Weimar sowie – wiederum mit Heyme in Recklinghausen und Lausanne. Für das Lausanner Vidy-Theater organisierte er fünf Jahre lang Deutschland-Gastspiele. Und dies offenbar mit großem Erfolg. Ziemlich fassungslos reagierte der Vidy-Theaterchef René Gonzalez deshalb, als der mutmaßliche Schwindel und die Fälschungen von Verträgen bei Rechnungsprüfungen aufflogen. Persönlich bereichert haben soll sich Peschke allerdings nicht, so betont Gonzalez in der Schweizer Lokalpresse. Über Motive gibt es nur Spekulationen. Das Vidy-Theater ist auf steigende Gastspieleinnahmen angewiesen. Peschke soll diesem Druck nicht gewachsen gewesen sein. Jetzt ermitteln Schweizer StaatsanwältInnen. ck