Regelanfrage beim Verfassungschutz nicht geregelt

Bezirke können selbst entscheiden, ob sie Einbürgerungswilligen hinterherschnüffeln

Einbürgerungswillige müssen damit rechnen, dass künftig Erkundigungen über sie beim Verfassungsschutz eingezogen werden: Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hat gestern den Bezirken empfohlen, eine solche Anfrage zu stellen. „Wir wollen auf Nummer Sicher gehen, dass keine Verfassungsfeinde zu Deutschen werden“, sagte Werthebachs Sprecherin Isabelle Kalbitzer.

Es sei jedoch kein„Muss“, sagte Kalbitzer, da es sich um die vorläufigen Verwaltungsrichtlinien des neuen Staatsbürgerschaftsrechts handle. Jedes Bundesland kann nach dem neuen Gesetz selbst entscheiden, ob es eine so genannte Regelanfrage stellt.

Erst im nächsten Jahr soll es eine endgültige Regelung geben. Die SPD hat bereits signalisiert, dass eine Regelanfrage mit den Sozialdemokraten nicht zu machen sei. „Wir haben da eine klare negative Haltung“, sagt Klaus-Uwe Benneter, der für Verfassungsschutzfragen zuständig ist.

Der Bezirk Kreuzberg wird die Empfehlung nicht annehmen. „Wir halten davon nichts“, sagte Jugendstadträtin Hannelore May, die den grünen Bürgermeister Franz Schulz vertritt. Auch die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) ist gegen die Einbeziehung des Verfassungsschutzes, denn das unterstelle, dass alle Ausländer Extremisten seien.

Für die geforderten „ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse“ müssen die Antragsteller, wenn sie keinen deutschen Schulabschluss haben, künftig ein Zertifikat einer Sprach- oder Volkshochschule vorlegen. Wenn der Beamte in der Einbürgerungsstelle merke, dass der Antragsteller „fließend“ Deutsch sprechen kann, genüge es, einen Zeitungsartikel vorzulesen und dessen Inhalt wiederzugeben, sagte Kalbitzer. Es sei nicht geregelt, um welche Zeitung es sich handele.

Bei dem Sprachzertifikat muss die „Grundstufe Deutsch“ bestanden sein. Der Kurs dauert normalerweise zwei Semester. Es ist jedoch möglich, nur den Test zu machen. In der Prüfung, die aus einem schriftlichen und aus einem mündlichen Teil besteht, müssen Multiple-Choice-Fragen gelöst, ein Brief verfasst und Fragen aus Alltagssituationen beantwortet werden, sagte Niyazi Turgay, Leiter der Kreuzberger Volkshochschule. Turgay rechnet nicht damit, dass es einen Ansturm auf die Volkshochschulen geben werde, da die Angebote in der Stadt ausreichten. Er sieht jedoch ein anderes Problem. TürkInnen der ersten Generation, die seit 30 Jahren in Deutschland leben, könnten besser sprechen als schreiben. Für sie sei ein solcher Test sehr schwierig und deshalb ein „Selektionsmechanismus“. Julia Naumann