Mehringhof: Nach dem Tag der offenen Türen

Die alternativen Projekte schweigen zu den Vorwürfen – und beginnen mit den Aufräumarbeiten

Am Tag nach dem Einsatz der GSG 9 im Mehringhof sieht es aus, als wären professionelle Einbrecher zu Gange gewesen. Holztüren sind zersplittert, Metalltüren aus den Angeln gehoben, auf dem Boden liegen verbogene und zersägte Schlösser neben einigen Schrauben, mit denen Schlösser und Türbeschläge bis Sonntag befestigt waren.

Die beiden Frauen im Verwaltungsbüro des Komplexes wirken angestrengt. Dass mit Hausmeister Axel H. einer ihrer wichtigsten Mitarbeiter der Zugehörigkeit zur RZ verdächigt wird, nimmt sie sichtlich mit. Sagen wollen sie dazu aber nichts: „Es wird eine Mieterversammlung geben und erst danach eine Stellungnahme.“

24 Stunden nachdem Polizei und Bundesanwaltschaft mit einem Großaufbot in den Gewerbehof alternativer Projekte eindrangen, geht im Kreuzberger Mehringhof der Alltagsbetrieb aber weiter: Im Erdgeschoss werden Bücher und Broschüren, auf dem Hof Fahrräder verkauft. Auch hier wollen die Inhaber „erst nach der Mitgliederversammlung“ zu den Durchsuchungen Stellung beziehen. Nach der Aktion des „Repressionsapparates“ will sich der Mehringhof geeint präsentieren.

Alle 35 alternativen Projekte erstellen Schadensbilanz, denn überall haben die Beamten gewühlt. Die Schäden werden fotografiert, schließlich wird das Bundeskriminalamt nach Angaben seines Sprechers Norbert Unger den Schaden „bei berechtigten Ansprüchen“ ersetzen. Beim Puppentheater Hans Wurst Nachfahren sind Wandverkleidungen abgerissen und Maschinen umgeworfen, daneben liegen zerrissene Marionetten. „Die Werkstatt werde ich wohl erst mal nicht benutzen können“, sagt Siegfried Heinzmann, einer der Betreiber.

Einzig in der Schule für Erwachsenbildung wird herzhaft gelacht. Rot eingerahmt hängt der Durchsuchungsbeschluss an der Wand, die Schüler aber haben andere Probleme: „Wir warten auf unsere Mathelehrerin.“ Im Unterrichtsraum ist von der Polizeiaktion kaum was zu sehen. Nur der Schrank ist durchwühlt und ein Sieben-Millimeter-Loch in die Wand gebohrt. Sprengstoff haben die Beamten dort aber nicht gefunden – wie nirgendwo im Mehringhof. Dirk Hempel