Greisenkabinett gegen den Rest der Welt

Simbabwes Staatsspitze um Präsident Robert Mugabe wird immer älter, und von der Macht lässt sie nicht, wie jetzt wieder auf einem Parteitag zu sehen war. Der Bevölkerung geht es immer schlechter ■ Von Kordula Doerfler

Die Oppositionsparteien „sind nichts als Marionetten des Westens“, fand auf dem Parteitag Präsident Robert Mugabe

Johannesburg (taz) – In Simbabwe verschärft sich die ökonomische und soziale Krise immer mehr – aber die Regierungspartei Zanu-PF von Präsident Robert Mugabe sieht keinen Anlass, den längst überfälligen Generationswechsel vorzunehmen. Auf einem viertägigen Parteitag der früheren Befreiungsbewegung, die das Land seit der Unabhängigkeit 1980 unangefochten regiert, wurde am Wochenende ein Team von Greisen an der Parteispitze bestätigt, allen voran der Parteipräsident und „Erste Sekretär“, Robert Gabriel Mugabe.

Mugabe ist 74, der erste Vizepräsident Simon Muzenda, der sein Amt wie Mugabe seit 1980 innehat, ist 77. Zum Nachfolger des im Juli mit 82 Jahren verstorbenen zweiten Vizepräsidenten Joshua Nkomo wurde der bisherige Parteivorsitzende, Joseph Msika (76), gewählt. In dessen einflussreiche Position rückte Nkomos Neffe auf, mit 65 Jahren bei weitem der Jüngste an der Staatsspitze.

Obwohl Mugabe nach außen hin wie gewohnt die große Harmonie in den 1986 vereinigten und einst verfeindeten Flügeln der einstigen Befreiungsbewegung beteuerte, gab es hinter den Kulissen um Nkomos Kandidatur einen heftigen Machtkampf. Denn Nkomo, der zum Minderheitenvolk der Ndebele gehört, ist weit populärer, als es vielen Shona-Politikern, der größten Bevölkerungsgruppe in Simbabwe, recht ist. Manche Zanu-Mitglieder handeln Nkomo insgeheim sogar als möglichen Nachfolger Mugabes. Verhindert wurde mit seinem Aufstieg, dass Justizminister Emerson Mnangagwa, zutiefst in die undurchsichtigen Geschäfte Simbabwes im Kongo verstrickt und ebenfalls als Kronprinz gehandelt, in dieses Amt gewählt wurde.

Mugabe selbst lässt nach wie vor keinerlei offene Diskussion um seine Nachfolge aufkommen. Seine Amtszeit als Staatspräsident läuft noch bis zum Jahr 2002, und gemäß einem Verfassungsentwurf, den die Zanu jetzt erarbeiten ließ, könnte er theoretisch noch länger amtieren.

Der Entwurf, der im Januar in einem Referendum abgestimmt werden soll, hat nicht nur alle Bemühungen der bereits im vergangenen Jahr gegründeten unabhängigen verfassunggebenden Versammlung unterlaufen, eine wirklich demokratische Verfassung zu verabschieden. Auch das Ziel, die im Laufe der Amtszeit Mugabes immer weiter gewachsenen Vollmachten des Präsidenten zu beschneiden, wurde nicht erreicht. Zwar soll dem Entwurf zufolge künftig wieder das Amt eines Premierministers geschaffen werden, der dann einige Aufgaben Mugabes übernimmt. Doch da die neue Verfassung nicht rückwirkend gelten soll, darf Mugabe erneut als Präsidentschaftskandidat antreten – für zwei neue Amtszeiten.

Das Vorgehen bei der Verfassungsgebung zeigte, dass die Zanu nervös ist. Dem der verfassunggebenden Versammlung zugrunde liegenden Bündnis von Kirchen-, Gewerkschafts- und Menschenrechtsgruppen wollte sie es lieber nicht überlassen, dem Land die erste Verfassung nach der Unabhängigkeit zu schreiben. Dazu ist die politische Landschaft mit der neu gegründeten Bewegung für einen demokratischen Wandel (MDC) des Gewerkschaftsvorsitzenden Morgan Tsvangirai zu sehr in Bewegung geraten. Bei den spätestens im März 2000 fälligen Parlamentswahlen droht der verkrusteten und zutiefst korrupten Zanu erstmals eine ernsthafte Herausforderung.

Dass der Wahlkampf schon begonnen hat, zeigten auch die Reden Mugabes vor den in Harare versammelten rund 7.000 Genossen am Wochenende. „Diese kleinen Parteien sind nichts weiter als Marionetten des Westens“, kanzelte Mugabe seine Widersacher in gewohnten Verschwörungstheorien ab. Von Selbstkritik angesichts der immer größer werdenden Probleme des Landes indessen war auf dem Parteitag nichts zu hören. Auch für die jüngste Benzinkrise hatte Mugabe eine einfache Erklärung parat: Eine Verschwörung ausländischer Investoren und Banken habe zu einer künstlichen Verknappung geführt. „Damit soll den Simbabwern das Leben so schwer wie möglich gemacht werden.“

Mit 65 Jahren ist der neue Parteivorsitzende, Nachfolger eines 76-Jährigen, der Jüngste an der Staatsspitze

Deren Leben ist wegen der verfehlten Zanu-Politik der letzten Jahre tatsächlich schwer. Die Arbeitslosigkeit ist auf 50 Prozent geklettert, die Inflationsrate liegt bei 70 Prozent. Zu den Fehlern seiner Regierung schwieg Mugabe ebenso wie zu den enormen Kosten, die die immer noch im Kongo stationierten rund 10.000 Soldaten verursachen. Rund eine Million Dollar täglich, so schätzen Experten, kostet der Einsatz, für den Mugabe mehrfach auf privaten Reisen im Ausland Geld erbettelt hat.

Wenn der unbequeme Gewerkschafter Tsvangirai, der Mugabe in der Vergangenheit schon mehrmals mit Generalstreiks das Fürchten gelehrt hat, jetzt Fragen nach der zunehmenden Militarisierung der gesamten simbabwischen Wirtschaft stellt, hat er die Bevölkerung auf seiner Seite. Die tiefe Verstrickung von Militärs und Geschäftsleuten in undurchsichtige Gegengeschäfte im Kongo sind der Bevölkerung kaum noch zu erklären – erst recht nicht, nachdem Finanzminister Herbert Murirwa trotz der Unterzeichnung eines Waffenstillstands im Kongo eine Erhöhung der Militärausgaben im kommenden Jahr um über 60 Prozent angekündigt hat.