„Eine Epoche der Umweltzerstörung“

Der Naturschutzbund zieht eine vernichtende Bilanz des20. Jahrhunderts. Fortschritte sind eine Folge des Bürgerprotests

Berlin (dpa/taz) – Das 20. Jahrhundert wird für den Naturschutzbund (Nabu) als Epoche der Umweltzerstörung in die Geschichtsbücher eingehen. „Noch nie zuvor wurde in so kurzer Zeit eine vergleichbare Naturvernichtung und ein so weitgehender Raubbau an Ressourcen betrieben“, sagte Nabu-Präsident Jochen Flasbarth gestern in Bonn. Die Veränderung des Weltklimas, die Belastung der Weltmeere, das Artensterben und die Vernichtung von Wäldern seien erschreckende Belege für die bedrückende Erblast, die der Menschheit im nächsten Jahrhundert aufgebürdet werde.

Ein Fünftel der Menschheit trage die Hauptverantwortung für diese Bilanz – die Bevölkerung der Industrieländer. „Deshalb müssen wir im nächsten Jahrhundert auch den Hauptteil der Verantwortung für die Lösung der ökologischen Probleme tragen“, forderte der Geschäftsführer der Organisation, Gerd Billen.

Der Nabu verkenne keinesfalls die beachtlichen Fortschritte im Umweltschutz, die in Deutschland seit Beginn der Siebzigerjahre erzielt wurden. So wurden beim Schwefeldioxid oder bei den FCKWs bemerkenswerte Emissionsminderungen erreicht, auch die Wasserqualität der meisten Flüsse habe sich spürbar verbessert.

„Die Erfolgsgeschichte des Umweltschutzes in Deutschland ist wesentlich eine Folge des Bürgerengagements“, betonte Billen weiter. Da dies für die Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit so bleiben werde, müssten die Beteiligungsformen für Bürger weiterentwickelt und ausgebaut werden, so Billen.

Beim Naturschutz sehe die Bilanz weniger positiv aus: Zwar gibt es heute mit insgesamt 6.200 Naturschutzgebieten und 13 Nationalparks fast sechsmal mehr geschützte Gebiete in Deutschland als noch in der Mitte der Siebzigerjahre. Trotzdem ist die gesamte Fläche der Schutzgebiete im gleichen Zeitraum lediglich von 0,9 auf 2,3 Prozent der Landesfläche angestiegen. Dagegen halte der Flächenverbrauch unvermindert an: „Heute wird immer noch eine Fläche von etwa 200 Fußballplätzen pro Tag versiegelt“ , so Präsident Flasbarth.

Angesichts dieses Szenarios seien für das kommende Jahrhundert der Schutz der biologischen Vielfalt und des Klimas die zentralen Herausforderungen, fügte er hinzu. Trotz erster richtiger Weichenstellungen bei der Bundesregierung, fällt die Regierungsbilanz aus Nabu-Sicht bescheiden aus. Negativbeispiele seien die Verkehrspolitik, die missglückte Reform der europäischen Agrarpolitik und die bisherigen Ergebnisse beim Atomausstieg. mil