Die Ehe in den Zeiten der Bestsellerei

Die Amelie-Fried-Verfilmung „Am Anfang war der Seitensprung“ (20.15 Uhr, ARD)

Hera Lind hat es vorgemacht: Tüchtige Frauen, die das Romaneschreiben anscheinend nebenbei erledigen, sind besonders erfolgreich. Wie Frau Lind produziert auch die Journalistin, Autorin und Grimme-Preisträgerin Amelie Fried mit ihren Frauenromanen einen Kassenschlager nach dem anderen. „Am Anfang war der Seitensprung“ ist Frieds zweite Vorlage, die für das Fernsehen in Szene gesetzt wurde. Das Drehbuch blieb nahe an der Vorlage, denn Amelie Fried ließ es sich nicht nehmen, das Filmscript höchstpersönlich zu schreiben.

Die Story ist einfach gestrickt und bereits tausendmal erzählt worden: Annabelle Schrader (Simone Thomalla), eine Frau Mitte 30, hat alles, was sie sich nur wünschen kann – zwei Bilderbuch-Kinder, einen sorgenden Ehemann (Stephan Schwartz) und einen Halbtagsjob. Alles läuft bestens, bis sie erfährt, dass ihr Mann eine Geliebte hat. Und die ist ausgerechnet ihre beste Freundin.

Jetzt reicht es ihr: Sie setzt den Untreuen vor die Tür, lockert den Haardutt und verzichtet auf ihre dicke Hornbrille. Stattdessen zieht sie mit ihrer Teenager-Tochter um die Häuser, in Jeans und Lederkluft, und holt endlich nach, was sie sich während ihrer Ehe verkniffen hat. „Seit 15 Jahren schlafe ich heute zum ersten Mal neben einem anderen Mann ein“, staunt Annabelle eines Abends. Alle geben sich nun schrecklich freizügig: Annabelle trifft sich mit einem 15 Jahre jüngeren Studenten, die pubertierende Tochter hat ihr erstes Sexerlebnis, und selbst die Oma nimmt sich einen Liebhaber.

Nach Wochen der Selbstverwirklichung aber sehnt sich Annabelle wieder nach der Geborgenheit der Familie, selbst das Töchterchen („Mama, in deinem Alter kann man so eine Hose nicht mehr tragen!“) geniert sich für die Mutter. Also wird Bella wieder „normal“, der Ehemann sieht seinen Fehler ein, alle geloben Besserung und beginnen noch einmal von vorne. „Wir dürfen nicht aufhören, es miteinander zu versuchen“, lenkt die Oma abschließend ein.

Ende gut, na und? Drei Generationen von Frauen verstehen sich nun ein bisschen besser, und in einem sind sich alle einig: „Männer handeln triebgesteuert“. Auge um Auge und Zahn um Zahn, lautet deshalb das Motto der Heldinnen in Frieds Drehbuch. Die Akteure dieses von Veith von Fürstenberg produzierten Fernsehfilms (Regie: Hartmut Griesmayr) wirken – bis auf zwei Ausnahmen – leider ziemlich spröde und farblos, die Texte strotzen nur so von Binsenweisheiten: Frauen machen sich das Leben schwer; man kann eben nicht alles haben, Kinder und Karriere; Frauen müssen sich ihre Figur hart erarbeiten etc. pp.

Einzig die Rolle der junggebliebenen Großmutter (Heidelinde Weis), die sich unpassenderweise den Namen „Queen Mum“ gefallen lassen muss, und ihr Filmliebhaber (Hans Peter Korff), fallen überzeugend aus dem Rahmen dieser doch recht konventionellen Bestsellerverfilmung: Neben diesen beiden Routiniers wirken die restlichen Darsteller wie Schauspielschüler, und es macht wirklich Spaß zuzusehen, wie Weis und Korff, auf ihr Alter pfeifend, turtelnde Backfische mimen.

Rebecca Roloff