Noch mehr Geld geflossen als ohnehin befürchtet

Verbindung zwischen Panzerdeal und Leuna-Verkauf in der Schweiz aufgedeckt.

Das Netz der Ermittler zieht sich immer enger zusammen. Schweizer Staatsanwälte sind offenbar einer Geldverteilungs- und Waschanlage auf die Spur gekommen, die eine Schlüsselrolle bei zwei großen Geschäften der Regierung Helmut Kohls (CDU) spielt. Die Firma Globetrust in Zürich fungierte als Treuhänder für den Vermittler im umstrittenen Panzergeschäft mit Saudi-Arabien, Ludwig-Holger Pfahls. Pfahls, der zu den Staatssekretären des Kabinetts Kohl gehörte, ist in Asien untergetaucht.

Das Schweizer Nachrichtenmagazin Facts hat nun herausgefunden, dass Globetrust auch mit dem milliardenschweren Verkauf der Leuna-Raffinerie zusammenhängt. Der Verwaltungsrat von Globetrust, Thomas Eggenberger, ist zugleich Leiter der Beratungsfirma Delta-Trading – eine gleichnamige Firma betreibt wiederum Dieter Holzer. Holzer agierte als Vermittler für den französischen Konzern Elf-Aquitaine, der die Leuna-Raffinerie kaufte.

Damit ist eine weiterer Mosaikstein des verzweigten Systems von Geld- und Beratungsinstituten gefunden, das die bekannten Hauptakteure in der Schweiz betrieben haben.

Die Facts-Recherchen zeigen zum ersten Mal, wie eng der Leuna-Dealer Holzer und der Panzervermittler Pfahls über Globetrust zusammen arbeiteten. Auf Gesuch deutscher und französischer Staatsanwälte ermittelten die Schweizer Strafverfolgungsbehörden weiter.

Holzer unterhielt die Verbindung zu wichtigen Entscheidungsträgern in der Regierung Kohl – Elf-Aquitaine entlohnte ihn dafür fürstlich. Bislang geht man von 100 Millionen Mark aus, die an Provisionsgeldern beim Verkauf der Leuna-Raffinerie geflossen seien. Der Verkauf hatte insgesamt einen Wert von 4,8 Milliarden Mark. Dieter Holzer hat davon allein 45 Millionen Schweizer Franken erhalten. Was für den Geschäftsmann, der bei der Kohl-Regierung in Bonn ein und aus ging, wenig ist: „Ohne provozieren zu wollen“, sagte Holzer einem Untersuchungsrichter, „es war eine schlechte Entlohnung.“

Wahrscheinlich hat Holzer tatsächlich nicht untertrieben. „Wir schätzen die Deliktsumme auf rund eine Milliarde Schweizer Franken“, sagte einer der Hauptermittler, der Schweizer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa in einem Interview mit Facts. Das bedeutet, dass die Provisions- und Schmiergelder weitaus höher sind, als bisher angenommen. Bertossa bestätigt auch, „dass grosse Summen in die Schweiz transferiert worden sind, die tatsächlich aus deliktischen Handlungen stammen könnten“. Auf die Frage, ob die Ermittler Verbindungen zur CDU nach Deutschland gefunden haben, sagte der Staatsanwalt: „Diese Frage möchte ich nicht beantworten.“

Die politische Seite der Geschäfte beleuchtet ein Schreiben des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohls, das gestern aufgetaucht ist. Die französische Illustrierte Paris-Match veröffentlichte am Mittwoch einen Brief Kohls an den damaligen Premierminister Edouard Balladur vom 18. Februar 1994, in dem er seinen Pariser Kollegen vor einem Elf-Ausstieg warnte. Der Elf-Konzern hatte zwei Jahre zuvor den Zuschlag für die Raffinerie erhalten. Die französische Regierung müsse ein Interesse daran haben, „den drohenden Vertrauensschaden hinsichtlich der Glaubwürdigkeit französischer Investitionen, aber auch gravierende rechtliche Konsequenzen für Elf zu vermeiden“, schreibt Kohl ohne große diplomatische Verschlüsselung.

Weiter forderte Kohl den Premierminister auf, sich persönlich einzuschalten: „Ich wäre Ihnen außerordentlich verbunden, wenn Sie Ihren persönlichen Einfluß geltend machen könnten, damit Elf nunmehr unverzüglich ihre Bereitschaft erklärt, das Projekt vertragsgemäß zu realisieren.“

Christian Füller