Timm wird struppig

HEW wollen Ausstieg im Konsens: Hamburger Atomkonzern streicht „sozialverträglich“mehr als 600 Arbeitsplätze  ■ Von Sven-Michael Veit

Manfred Timm hält Wort. Bei den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) hat dieser Tage der Abbau von Arbeitsplätzen begonnen. Die ersten Ruhestands-Angebote an MitarbeiterInnen „wurden Mitte Dezember verschickt“, bestätigt Johannes Altmeppen, Sprecher von Vorstandschef Manfred Timm. Der hatte Ende September erklärt, „noch vor Weihnachten notwendige Personalanpassungsmaßnahmen“ einleiten zu wollen (taz hamburg berichtete). Damals war von bis zu 1000 Arbeitsplätzen die Rede.

Der Abbau von mehr als 600 Stellen im Atomkonzern in der City Nord steht jetzt fest, „aber sozialverträglich“, wie Altmeppen betont. Über 55-jährigen MitarbeiterInnen würden Auflösungsverträge und Vorruhestandsregelungen angeboten, über deren Details Altmeppen sich nicht äußern will. Es werde aber, versichert er, „keine Entlassungen oder betriebsbedingten Kündigungen“ geben.

Nach der vorliegenden „Grundkonzeption“ sollen alle Konzernbereiche Einsparungen aufgrund „betrieblicher Kriterien“ erbringen, welche die „künftigen Erfordernisse des Marktes“ berücksichtigten. Die HEW wollen die Mitarbeiterzahl von gegenwärtig 4624 bis Ende 2002 auf unter 4000 reduzieren. Wegen „der Dynamik auf dem liberalisierten Energiemarkt“, so Timm, sei „der Kostenfaktor“ Löhne und Gehälter im bisherigen Umfang „nicht mehr aufrecht zu erhalten“. Rund 200 Millionen Mark sollen pro Jahr eingespart werden.

Zur Diskussion stehen unter anderem die Schließung des HEW-Museums „electrum“ am U-Bahnhof Hamburger Straße und des Kundenzentrums Bergedorf. Dort wollen die HEW mit ihrer 61,9-prozentigen Tochter Hein Gas ein gemeinsames Infozentrum betreiben. Der Personalabbau wird vor allem Verwaltung und Vertrieb treffen, auch in den Kraftwerken sollen Stellen wegfallen. Geplant sind stattdessen, so Altmeppen, „personalsparende Synergieeffekte“.

So könne es bei der Instandsetzung in den Atomkraftwerken zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit der Kraftwerks-Union kommen, auch würden bereits Gespräche „zum Beispiel über einen Zentraleinkauf“ mit zwei der Hauptaktionäre geführt: PreussenElektra und Vattenfall. Mit dem Hannoveraner Energiemulti betreiben die HEW gemeinsam die vier AKWs Stade, Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel; der schwedische Staatskonzern hat gerade erst vor fünf Wochen der Stadt Hamburg ein Aktienpaket von 25,1 Prozent abgekauft, um auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen.

An eine weitere Variante der Belegschaftsreduzierung wird in der HEW-Chefetage jedoch kein Gedanke verschwendet: die verordnete Stillegung der Reaktoren Stade und Brunsbüttel durch einen Atomausstieg, ob im Konsens oder im Dissens. „Wir“, sagt Altmeppen, „brauchen alle unsere Kraftwerke.“