■ Urdrüs wahre Kolumne
: In Dulci Jubilo

Mein heiligabendliches Mitgefühl gilt einmal mehr all jenen Desperados, die auch heute der Begegnung mit dem kindlichen Restglauben an das Wahre, Schöne, Gute ausweichen und sich in irgendwelchen gastronomischen Betrieben beim 8. oder 9. Tequila wechselseitig versichern, dass sie in ihrer hippen Coolness auf den ganzen Tannenbaum-Rummel getrost verzichten können, mitsamt Wunderkerzen, Lametta und Gänsebraten. Solche Gottesgaben zu verschmähen, heisst, die Hoffnung auf ein Leben vor und nach dem Tode preiszugeben.

Und in die weihnachtliche Fürbitte schliessen wir mit ein den beklagenswerten Kantor der Stephani-Gemeinde, der die singenden Schäflein seines Chores in hybridem Hochmut nach schwarz und weiss sortiert und die Selektierten so daran hindert, das Lob von Frau Gott zu singen. Erlöst werden möge auch der wahrhafte Buddha Helmut Kohl, der nunmehr erleben muß, wie Undankbarkeit der Welten Lohn ist und ihm jede junge Wilde vom Schlage Merkel oder Schäuble ungestraft in den Hals pinkeln darf. Ein kleines Engelchen möge auch bei den Borttschellers vorbeikommen und ihnen einen virtuellen Golf Court für den häuslichen PC schenken, bei dem Frau Ditha sofort die Platzreife erspielt.

Für Henning Scherf bitte ein Fläschchen Erzengel-Essenz vom Naturkostversand, die ihn auch im nächsten Jahrtausend vor herpesbedingten Lippenbläschen bewahrt. Der schöne Beruf des Ortsamtsleiters, den der stockfischige Senator Schulte einfach so abschaffen will – er möge uns erhalten bleiben, und halte ich mich nach einem eventuellen Auscheiden des liebenswerten Bernd Peters gern für diesen Job im Kirchspiel Walle/Findorff/Gröpelingen bereit. Als großmütiger Harun al Rashid werde ich dann die Kinder auf dem Wochenmarkt mit Apfel, Nuss und Mandelkern beschenken, im Waller Butjer oder in der Proll-Kneipe „Use Akschn“ gelegentlich eine Runde Wachholder ausgeben und im Obdachlosentreff „Die Tasse“ Märchen vom Schlaraffenland erzählen: Außerdem gibt es für Sozialhilfeempfänger jede Woche einmal kostenlos im Kino 46 was von Karl Valentin oder den Marx Brothers, und die kleine Landbrauerei spendiert die Buddel Bier dazu.

Last minute-Weihnachtsgeschenke, vor denen zu warnen ist: Die vulgärliterarische Verleitung zur Magersucht durch Seine Exzellenz Josef Fischer. Die „Limited Edition“ der Milka Knister-Schokolade, deren orale Initialzündungen die Amalgam-Plomben aus dem Zahnzement reissen und vor allem jede Art von Werder-Fanartikel, der nicht von revolutionären Produktpiraten zum Dumpingpreis vertickt wird.

Stattdessen empfehlen wir, im kleinen Buchladen nebenan den trefflichen Jürgen Alberts-Krimi „J.B.Cool meets Jesus Christ“ mit eingebautem hanseatischen Tannenbaum aus der Edition Temmen zu besorgen, nach dessen Lektüre man Bremen und die Bremer besser verstehen wird. Falls das Geld dann noch reicht, wären da noch die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär von Walter Moers im Angebot, das Geschenk-Abo für TAZ, KONKRET und MICKY MAUS sowie eine Spielzeug-Kalashnikow für den Fall der Fälle, dass uns der Heilige Geist zwischen den Jahren auf die Barrikaden ruft.

Außerdem beschere das Christkind bitte Gerold Janssen mit einer warmen Thermohose für künftige Hollerlandbesetzungen. Schenke den Friedensfreunden Ernst Busche, Joachim Fischer & Co ein Päcken Emser Salz für allzeit wohlgestimmte Stimmbänder und sorge dafür, dass der Kommunismus endlich siegt, auf der Hütte Bremen, bei Karstadt, in Huchting, in Peru, Liechtenstein und anderswo und dabei nicht über die anarchistische Utopie hinwegrollt.

Dann noch Kohl und Pinkel kalorienfrei für mich, Glück, Liebe, Gesundheit und frohes Fest für alle – mehr will ich doch gar nicht ...

bittet in aller Bescheidenheit Ulrich „Kindskopf“ Reineking