Das Portrait
: Heiseres Huhn und Wendehals

Alfonso Portillo

In Guatemala wird er wegen seiner krächzenden Stimme, seiner spitzen Nase und seinem fliehenden Kinn „das heisere Huhn“ genannt, und das ist nicht einmal abwertend gemeint: Eine Henne diente Alfonso Portillo als Wahlkampfmaskottchen. Seine Zahnstellung gab seinem Gegner Oscar Berger den Beinamen „der Hase“. Hasen sind zweifellos die flinkeren Tiere. Doch bei der Stichwahl um die guatemaltekische Präsidentschaft am Sonntag machte das Huhn das Rennen. Aber der 48-jährige Anwalt ist eben doch nur das Huhn, nicht der Hahn. Die Hackordnung in seiner Republikanisch-Guatemaltekischen Front (FRG) ist klar. Auch wenn sich Portillo im Wahlkampf aufgeplustert hat: Der Gockel im Stall der rechtspopulistischen Partei ist ihr Gründer Efrain Rios Montt, der von 1982 bis 1983 als blutigster Diktator seines Landes galt.

Aufgrund seiner politischen Laufbahn verdient Portillo den Titel Wendehals. Als Student hatte er die regierenden Militärs öffentlich kritisiert und musste deshalb nach Mexiko exilieren. Dort stand er Studenten nahe, die mit der guatemaltekischen Guerilla sympathisierten. Später, als Universitätsdozent, lehrte er marxistische Gesellschaftskritik und galt als linker Sozialdemokrat. 1990 kehrte Portillo nach Guatemala zurück und schloss sich den Christdemokraten an. 1993 wurde er zum Parteivorsitzenden und ein Jahr später ins Parlament gewählt. Doch 1995 wechselte er nach ganz rechts außen. Rios Montt wollte sich damals um die Präsidentschaft bewerben. Doch die guatemaltekische Verfassung verbietet ehemaligen Putschisten, Präsident zu werden. Portillo sprang in die Lücke und verlor in der Stichwahl nur knapp gegen Alvaro Arzú (PAN).

Im zweiten Präsidentschaftswahlkampf präsentierte er sich als zorniger Populist. Viele trauen ihm die Fähigkeit zu, kurzen Prozess zu machen: 1982, als Rios Montt in Guatemala Mayas zu tausenden massakrieren liess, hat er in Mexiko im Streit eigenhändig zwei unbewaffnete Studenten erschossen. Danach tauchte er ab, um nicht vor Gericht gestellt zu werden.

Dass diese Episode mitten im Wahlkampf ans Licht kam, hat ihm nicht geschadet. Portillo verkaufte die Bluttat als Notwehr und rechnet sie sich gar als Verdienst an: „So, wie ich damals mein eigenes Leben verteidigt habe“, versprach er, „werde ich als Präsident mein Volk verteidigen.“ Toni Keppeler