Konservenbüchsen bleiben in den Regalen

■ Der Arbeiter Samariter Bund empfiehlt wegen möglicher Computerprobleme das Anlegen von Vorräten für den Jahreswechsel. Doch die Berliner bleiben gelassen und kaufen vor allem Sekt. Von Hamsterkäufen keine Spur

Wegen möglicher Computerprobleme zu Silvester empfiehlt der Arbeiter Samariter Bund (ASB) das Anlegen von Lebensmittelvorräten. „Der Datumswechsel kann nämlich zu Versorgungsproblemen verschiedener Art auch in Deutschland führen. Prüfen Sie deshalb Ihre Vorräte“, mahnt der ASB auf seiner Homepage im Internet.

Dort finden sich auch Checklisten, anhand derer besorgte Menschen prüfen können, was sie für Notfälle brauchen und ob sie genug Mineralwasser, Marmelade, Toilettenpapier, Kerzen und Streichhölzer im Haus haben. Auch auf mögliche Strom- und Gasausfälle solle man sich vorbereiten. Der ASB bezieht sich dabei auf Ratschläge, „die das Bundesamt für Zivilschutz (BZS) in seiner Broschüre ‚Für den Notfall vorgesorgt‘ gibt“.

Das BZS in Bonn gibt die Broschüre seit 1993 heraus. Auch BZS-Sprecher Rainer Schramm meint, es sei wichtig, sich auf Notfälle einzurichten. Allerdings unabhängig vom Jahr-2000-Problem, meint er und verweist auf den Sturm des vergangenen Wochenendes über Süddeutschland. Man solle sich vorbereiten und genügend Wasser, Konserven, einen Campingkocher und Kerzen zu Hause haben. Dies sei immer praktisch, meint Schramm, auch bei unerwarteten Verwandtenbesuchen: „Da kann man dann eine Dose Erbsensuppe aus seinem Vorrat nehmen und ein Paar Wiener dazu machen.“

Doch an Vorräte mit Erbsensuppenkonserven denken die Berliner derzeit wenig. Weder Lebensmittel noch Kerzen oder Taschenlampen würden verstärkt gekauft, berichtet Uwe Spanka, Geschäftsführer des Kaufhofs am Alexanderplatz. „Der normale Kunde hat Vertrauen in die Technik“, glaubt Spanka. Deutlich mehr gekauft als im vergangenen Jahr würden nur Sekt und Partykleidung.

Auch bei Karstadt an der Müllerstraße ist das „Kundenverhalten normal“, berichtet der dortige Geschäftsführer Gerhard Löwe. Immerhin würden hier mehr Kerzen gekauft – allerdings für die Tischdekoration. „Der Berliner bereitet sich auf eine große Party vor, keiner glaubt an den Weltuntergang“, sagt Löwe. „Ich glaube, die Panik wird hochstilisiert.“ Und Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes des Berliner Einzelhandels, meint, die Kunden seien sehr gelassen.

Diese Einschätzung können psychosoziale Beratungsstellen und Kriseneinrichtungen bestätigen. In der Caritas-Beratungsstelle für Ehe, Familie und Lebensberatung seien Ängste vor Computerproblemen kein Thema, sagt eine Mitarbeiterin. Auch in der Evangelischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen wird das nicht thematisiert. „Wir haben das auch nicht erwartet“, sagt Mitarbeiter Markus Scheppe. Krisenthemen seien zum Jahreswechsel eher Fragen nach der persönlichen Jahresbilanz und keine Endzeitvisionen. Isabel Merchan