Letzter Lohn für Kinder

Children’s Hour“: Alle sollen den Lohn der letzten Arbeitsstunde des Jahres spenden

Berlin (taz) – 8.760 Stunden hat ein Jahr, gut 8,7 Millionen ein Jahrtausend. Zum Millenniumswechsel wirbt die Initiative „Children’s Hour“ darum, den Lohn für die allerletzte Arbeitsstunde des ausgehenden Jahrtausends in die Zukunft zu investieren: JedeR soll das, was er oder sie in einer Stunde verdient, spenden. Das Geld soll in einen Fonds fließen, aus dem sowohl deutsche als auch internationale Kinder- und Jugendprojekte unterstützt werden, die Mädchen und Jungen befähigen, Demokratie zu lernen, sich sozial zu engagieren oder ihnen eine berufliche Qualifikation ermöglichen. Die Idee stammt aus Großbritannien und wurde von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) übernommen.

Sinnvolle Projekte gibt es genug. Zum Beispiel im baden-württembergischen Filderstadt: Kinder und Jugendliche wählen dort alle zwei Jahre zwölf Gemeinderäte, die alle ihren 20. Geburtstag noch vor sich haben. Die Nachwuchsparlamentarier bekommen regelmäßig die für ihre Belange interessanten Unterlagen von der Verwaltung und machen konkrete Vorschläge, etwa zur Radwegeordnung. Filderstadts Bürgermeister ist verpflichtet, ihre Position im entsprechenden Ausschuss einzubringen. Auch mehrere Initiativen der Jugendlichen selbst wurden bereits in reale Politik umgesetzt. Doch ohne finanzielle Hilfe ist das Projekt gefährdet.

Das antirassistische Rollenspiel, das die Regionale Arbeitsstelle für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule in Berlin entwickelt hat, kann ebenfalls nicht ohne einen Zuschuss verbreitet werden. Dabei übernehmen die Kinder unter Anleitung eines Sozialpädagogen verschiedene Rollen in einer Gerichtsverhandlung nach einem ausländerfeindlichen Übergriff. Ziel ist es, dass die Teilnehmer lernen, sich einzumischen, wenn vermeintlich fremd aussehende Menschen physisch oder verbal angegriffen werden.

Schließlich will der „Children’s Hour“-Fonds auch Kinderunternehmen wie das von 11- bis 15-Jährigen organisierte Reisebüro Power Tours in Hoyerswerda fördern, das für Schulklassen, Sportvereine und Privatpersonen günstige Reisemöglichkeiten recherchiert und die Jungunternehmer dabei ganz nebenbei zu Teamarbeit und verantwortlichem Handeln befähigt.

„Wir sammeln Geld, um die Sicherung und Vervielfältigung von guten und Erfolg versprechenden Projekten langfristig zu ermöglichen“, schreiben die Initiatoren. Zu den Unterstützern gehören mittlerweile mehrere Ministerpräsidenten und Politiker, Wissenschaftler, Konzern-, Stiftungs- und Kirchenvertreter. Förderanträge an die DKJS können aber nicht nur deutsche Initiativen stellen: Unterstützt werden soll beispielsweise auch ein Projekt für arabische Mädchen in der Altstadt von Jerusalem. Die jungen Frauen machen mit lernschwachen Kindern Hausaufgaben und verschaffen sich dadurch zugleich selbst einen Freiraum außerhalb der elterlichen Wohnung. Annette JenssenSpendenkonto: Children’s Hour, Deutsche Bank, Konto-Nr. 1999, BLZ 100 70 000