„Nicht richtig geil,das Ökoinvestment“

Handele stets nach goldenen Aktienregeln. Aus dem Tagebuch eines Börsenneulings

3. 2. 91: Ein Bekannter hat Aktien gekauft, obwohl die Banken mit dem Geld den Golfkrieg finanzieren. Dem Sack den Marsch geblasen. Kein Geld für Öl!

25. 7. 96: Bei der Ökobank 1.500 Mark vom Ersparten für 2,5 Prozent Zinsen auf zehn Jahre fest angelegt. Mein Geld hilft Kleinbauern-Kooperativen in Lateinamerika, Maschinen anzuschaffen, ohne horrende Zinsen zahlen zu müssen. Eigentlicher Gewinn ist moralischer Natur.

16. 11. 96: Standhaft geblieben. Keine Telekom-Aktien gekauft. Lasst mich in Ruhe mit dem Handy-Quatsch. Erich Fromms „Haben oder Sein“ gesucht, aber nicht mehr gefunden.

3. 7. 98: Börse explodiert. Warum ohne mich? Nach reiflicher Überlegung 900 Mark in Anteilen des Aktienfonds „Ökovision“ investiert, der nur Aktien von ökologisch korrekten Unternehmen erwirbt. So wie die Müllfirma Sero AG. Nun ja. Der Fonds hatte grandiose Wertzuwächse innerhalb seines ersten Jahres, sagt die Bank.

3. 3. 99: Ökovision krepelt bei 60 Euro. Für 73 gekauft. Bislang 150 Mark in den Sand gesetzt. Nicht richtig geil, das Ökoinvestment. Britische Öl- und US-Telekommunikationsfonds sind gewinnmäßig echt besser drauf.

5. 6. 99: 15.000 Mark geerbt. Wie beim ersten Joint gefühlt, nur dass die Rollen der Eltern und Freunde vertauscht sind. Eingestiegen bei 256 Euro. Fonds mit europäischen Standardwerten. Siemens will seine AKW-Abteilung bald abstoßen.

22. 7. 99: Börse bröckelt. Dax stürzt ab: 5.300, Tendenz fallend.

4.8.99: Zehn Prozent Wertverlust! 1.000 Mark weg, ein Jammer. Gibt es eine Börsenregel: „Investiere nie auf dem Höchststand?“

2. 10. 99: Aktiendepot bei der Deutschen Bank eingerichtet. Hoch spekulativen Einzelwert entdeckt und kurz vor Neuemission gezeichnet: Internet-Firma „Pixelpark“. Zweithöchste Risikostufe. Dynamische Firma, Marktführer in ihrem Segment, gehört zu Bertelsmann. 4.000 Mark eingesetzt, bei 24 Euro gekauft. Nach fünf Tagen bei 28 Euro: 600 Mark Gewinn. Mit drei Telefonaten!

20. 10. 99: In die Profi-Liga eingetreten. Mit Rest der Erbschaft Höft & Wessel erworben. Aktie auf historischem Niedrigstand. Kombiniere: Muss steigen.

9. 11. 99: Höft & Wessel reduziert Gewinnerwartung. Kurs fällt wie Blei. Selbstzweifel, weil Termin der Pressekonferenz lange bekannt. Investment fast vernichtet. Gibt es eine goldene Börsenregel: „Investiere nie am Tiefstpunkt“?

15. 11. 99: Pixelpark bei 60 Euro. Aus 4.000 Mark 10.000 gemacht. Ohne was zu tun.

18. 11. 99: Hoffentlich weitet sich der Tschetschenien-Konflikt nicht aus. Gefahr für die Kurse.

21. 11. 99: Pixelpark bei 12.000 verkauft. Mit einem Telefonat. Sportwagen testgefahren.

28. 12. 99: Jahresendrallye der Aktienkurse. Warte auf günstigen Zeitpunkt zum Neueinstieg. Pixelpark bei 100 Euro. Ich könnte mich ... Eine goldene Aktienregel sagt: „Kaufe zum richtigen Zeitpunkt, verkaufe niemals zum falschen.“ Hannes Koch