Es passiert nichts – oder doch?

■ Kurz vor dem Jahrtausend-Wechsel wird hochgerüstet gegen den Vielleicht-Crash / Bislang waren alle Tests positiv, aber völlig ausschließen will den Crash-Fall niemand

Zwei Tage noch, dann wird sich zeigen, ob die Millenniumsängste um den Computer-Gau gerechtfertigt waren. Derzeit versichern noch einmal alle Firmen, Banken, Krankenhäuser und Polizei in Bremen, dass sie alles Mögliche durchcheckt haben: Die Testläufe blieben ohne Katastrophe. Trotzdem werden in der Nacht des möglichen Zusammenbruchs Hunderte im Sondereinsatz sein – Vorsichtshalber.

Die Krankenhäuser sind besonders gefragt. Was passiert im Ernstfall mit den hochtechnisierten Anlagen? Die Sicherheitstests der Gerätefirmen und der Krankenhäuser waren bislang positiv. Und teuer: Drei Millionen Mark ohne Personalkosten hat das St.-Jürgen-Krankenhaus in die Jahr-2000-Sicherheit investiert, vor allem für neue Anlagen. Trotzdem – ein Restrisiko bleibt, erklärt Volkhart Brüning vom St.-Jürgen-Krankenhaus: „Niemand kann ausschließen, dass Strom und Wasser nicht ausfallen könnten.“ Notstromaggregate und Wasserreserven sollen im Ernstfall die Kliniken am laufen halten. „Katastrophen können im Prinzip immer kommen“, weiß Brüning. Die dafür vorhandenen Alarmpläne wurden für den gefürchteten Jahrtausend-Crash zum Teil extra noch mal aktualisiert.

In den meisten Krankenhäusern in Bremen fährt man auf den wichtigen Stationen Doppelbesetzung. In der Nacht der Nächte werden im St.-Jürgen-Krankenhaus zum Beispiel 50 Leute zusätzlich arbeiten. Außerdem wurde hier eine „Millenniumsfibel“ mit allen Notrufnummern für die Mitarbeiter erarbeitet. Für die meisten Bremer Betriebe allerdings ist der Strom am wichtigsten. Kommt der Saft wie gewohnt aus der Steckdose, funktionieren auch die Telefone. Für den Fall, dass nicht, müssen Feuerwehren und Polizei auf andere Kommunikationsarten (Nottelefone, Funk) zurückgreifen, um sich überhaupt verständigen zu können.

Um das zu verhindern, setzen die Stadtwerke swb AG ganz auf selbst-produzierten Strom. Durch die eigenen Kraftwerke sei die Hansestadt von dem Rest des Stromnetzes unabhängig. Möge da draußen auch passieren, was wolle: Bremen hat Strom, versichert die Pressesprecherin der swb. Und damit kein Domino-Effekt das Bremer Netz stört, könnten im Ernstfall die Leitungen zu den anderen Netzen gekappt werden.

Auch bei den Sparkassen sei der funktionierende Strom die „einzige Unabwägbarkeit“: Ansonsten seien Geldautomaten und Kontenführung bei allen Probeläufen Jahr-2000-sicher gewesen. Für den Fall der Massen-Geldabheber soll der Rhythmus der Automatenauffüllung erhöht werden, heißt es von der Sparkasse.

Viel zu tun haben Polizei und Feuerwehr an Silvester immer. Zwar gehen sie in diesem Jahr nicht „von einer Katastrophe aus“, trotzdem werden 1200 Polizisten statt sonst 700 im Einsatz sein. Auch der Bundesgrenzschutz soll mit aushelfen. Bei der Feuerwehr sind 80 Leute zusätzlich im Dienst.

„Ausschließen können wir nichts“, heißt es auch auf dem Flughafen und den Bremer Häfen. Im Notfall wird hier auf Handbetrieb umgeschaltet. „Im Gegensatz zum Frankfurter Flughafen wird hier sowieso nicht so viel mit Computern gearbeitet.“ Zum Beispiel werden die Koffer immer noch von Hand sortiert. In den Schifffahrtshäfen verlangt Hans-Jürgen Roos die Jahr-2000-Tauglichkeit der Schiffe, die ankern wollen. Wer die nicht bringt, darf erst gar nicht in Hafen. Denn sonst könnte der Computer-Fehler die Schiffe unsteuerbar machen und an der Kaimauer zerschellen lassen. Nur die Statistik gibt Entwarnung: Die Wahrscheinlichkeit des Ernstfalls in der Schifffahrt sei nur um fünf Prozent höher als sonst. pipe