Der König von Tonga singt uns die „Ersttagsgrüße“

Wenn wir uns besinnungslos in die Sylvesternacht hineintoben, kämpft man am anderen Ende der Welt längst mit dem Kater oder lauscht dem Gitarrenspiel des Königs von Tonga

Aachen (taz) – 12 Stunden Zeitvorsprung hat das Jahr 2000 gleich neben der Datumslinie: in Neuseeland, Fidschi und in Tonga. Und von dort erreichen uns jetzt die Wohlklänge einer der mutigsten CD-Produktionen des ausgehenden Millenniums. Der König von Tonga, Seine Majestät Taufa Yahau Tupou IV., zuletzt noch als Leitartikler dieser Zeitung (23. 10. 99) hervorgetreten, musiziert. Er klampft, und er mahnt und schickt uns als Weltenzeitenwende-Premierist vorab seine „Ersttagsgrüße“. Möglich gemacht hat das der Düsseldorfer Musikverleger Dirk Tillen: Den Musen-Monarchen, der einst in Sydney Kunst studierte, machte er zum Popstar mit Sendungsbewusstsein.

Mit leicht brüchiger Stimme wünscht sich das 81-jährige Oberhaupt über 171 Inseln „das neue Jahrtausend voller Liebe“ (siehe Text), dazu rauscht milde der Pazifik („Meer des Friedens“). Es folgt eigenhändiges Gitarrenspiel“ des Monarchen im Dreivierteltakt, ruhig und getragen, dann der von Seiner Majestät selbst arrangierte Titel „Dateline-Greetings“.

Im Anschluss jubiliert der Hofchor mit Händels Halleluja in der gesangsfreundlichen, vokalreichen tongaischen Sprache. Es plätschert erneut, und der Mädchenchor bei Hofe schmettert den chartsverdächtigen Pop-Song „King’s Millennium“, gefolgt von der Nationalhymne der Royal Brass Band, wo die Leibwächter Seiner Majestät in die Trompeten pusten. Schließlich die berüchtigte Bounty-Hymne „Wings to Paradise“. Südsee-Harmonien: Immer vokalgefüllt fließend, süß, nie klebrig, einfach wunderschön; eben: mata mata lelei. Pop-Song, Walzertakt, dazwischen bayrisch anmutendes Humbtata, Klassik auf Tongaisch, wummernde Bläsersätze, Kinderlieder, bassiger Männerchor, zwei Versionen der Nationalhymne – schon dieser Mix ist kühn. Gaga gar? Drei Stücke „Original-Klänge der unberührten Natur“ ergänzen das pazifische Oeuvre: das liebliche Gezwitscher der Paradiesvögel im königlichen Palastpark, das Quietschen der tongaischen Flughund-Schwärme und minutenlang die „Meeres-Melodie“ – nichts als Wassergeplätscher des tongaischen Ozeans mit Fontänenprusten aus den berühmten „Blow Holes“ am Korallenufer, „das ewige Rauschen der Wellen und der Gezeiten“.

Wird der Weltfrieden polynesisch sein? Ein neues Eden im „Garten des Südens“ (was Tonga übersetzt heißt) entstehen? Vielleicht muss man nur lange genug bei den „blasenden Löchern“ meditieren. Malo e lelei!

Bernd Müllender

„The Kings Message“. CD, ca. 34 Minuten, Koch Classics München, Bestell-Nr: KCM 3-6651-2, 22 Mark. Auszüge im Internet: www.kingoftonga.com