Kostenloser Druck gegen Springer

Großverlag kämpft mit harten Bandagen gegen Umsonst-Zeitungen  ■ Von Kai von Appen

Im Justitiariat des Hamburger Springer-Hochhauses herrscht in diesen Tagen reges Treiben. Der Mediengigant sieht seine Publikationen durch neue kostenlos verteilte Tageszeitungen „wettbewerbswidrig“ in ihrer Existenz gefährdet. In Hamburg wird der Konflikt zwischen Bild, Welt und Abendblatt und der kostenlosen Postille 15 Uhr Aktuell voraussichtlich im Februar vor Gericht ausgefochten.

Dabei war es der Springer-Verlag selbst, der versuchsweise im Frühjahr mit Hamburg mobil das Prinzip „Geld gegen Ware“ fallen ließ. Doch nun bläst auch dem Mediengiganten im Ringen um Auflage, Marktanteile und Anzeigen der Wind ins Gesicht. Die beiden Newcomer-Verleger Michael Biesleski und Robert Sidor wagten es als erste an der Spree, dem größten Zeitungsverlag der Republik mit 15 Uhr aktuell in einer Auflage von 100.000 Gratis-Exemplaren Paroli zu bieten.

Der Springer-Verlag ahnte Böses und ging wegen „unlauteren Wettbewerbs“ per Einstweiliger Verfügung in die Gegenoffensive. Goliath gegen David bekam in der ersten Runde noch Recht, doch die Newcomer griffen zu Tricks, drückten ihrem Blatt den Stempel „20 Pfennig“ auf und verteilten munter gratis weiter. In der zweiten Runde vor dem Berliner Kammergericht knickte der Springer-Verlag dann ein: Das Gericht deutete an, dass ein kostenloses Nachmittagsblatt in Berlin keine „unmittelbare Konkurrenz“ für die morgendlichen Gazetten darstelle. Deshalb sollte der Konflikt grundsätzlich geklärt werden. „In der Hauptsache haben wir unsere Klage aufrecht erhalten“, so Springer-Verlagssprecherin Edda Fels.

Aus guten Grund: Denn außer in der Hauptstadt erscheint seit Sommer 15 Uhr aktuell auch in der Elbmetropole und macht Springer an einer zweiten Front zu schaffen. „Wir haben auch in Hamburg in der Hauptsache Klage eingereicht“, bestätigt Edda Fels: „Wir rechnen mit einer mündlichen Verhandlung im Februar.“

Die bisherige Zaghaftigkeit in Hamburg hat seinen guten Grund. Denn in Köln hat der Verlag derweil mit einer Spezies Umsonstzeitung ganz besonderen Kalibers zu tun. Dort ist es nämlich der norwegische Medienkonzern Schibsted, der mit Millionenaufwand seit dem 13. Dezember die Gratis-Zeitung 20 Minuten Köln auf den Markt wirft – und das zu früher Morgenstunde. Trotz Einstweiliger Verfügungen gelang es Springer bislang nicht, den Osloer Verleger zu stoppen. Als „Abwehrmaßnahme“ gibt der Verlag seither umsonst Köln Extra heraus.

Erst gestern bestätigte wieder ein Berliner Gericht das Verbreitungsverbot von 20 Minuten Köln. „Ob Schibsted sich daran hält, oder ob die sich bald mit Zwangsgeldern hauen, wissen wir nicht“, so die Berliner Gerichtssprecherin Ilona Wiese. Laut Edda Fels hat der erneute Punktsieg auch Auswirkungen auf den Hamburger Konflikt, zumindest „mental“.