Dreifaches Fleisch

■ Noch immer prozierend: Grafik von Francis Bacon in der Galerie Hohmann

Der Mann hat Grafik gehasst. So ist eine Ausstellung von Papierarbeiten des englischen Malers Francis Bacon eher rar. Denn die wenigen Drucke, die es gibt, haben die Galeristen dem Künstler, der sicher zu den wichtigsten des 20. Jahrhunderts zählt, geradezu abgepresst: Nur 38 Motive seines Werkes wurden in Lithografien und Farbradierungen umgesetzt. Mehr als die Hälfte davon zeigt jetzt die Galerie Hohmann und gibt mithin einen seltenen Einblick in das Schaffen Bacons, dessen dekonstruierten Körper zu prägenden Bildzeichen für Laster, Gewalt und Verzweiflung wurden.

Im zweiten Stock der Pöseldorfer Villa begrüßen einen zuerst Fotos des 1992 gestorbenen Künstlers, dann jene unter einem Regenschirm im Frischfleisch sitzende Figur des „Bild 46“, die 25 Jahre nach ihrer Entstehung als Lithografie herausgebracht wurde. Sie eröffnet den düsteren Reigen der verquollenen, frei gemalten Körper, die wie Entwürfe zu Plastiken in klare Farbräume und Gitterzellen nicht unähnlichen Konstruktionen hineingesetzt sind. Das Triptychon ist dabei die häufigste Form. Nicht nur Themen wie der Kreuzigung oder der Orestie des Aeschylos nähert sich der Maler so, auch Porträts werden in dreifacher Veränderung gemalt.

Verstörung tropft zäh von den Wänden der so gediegen mit Parkett und roten Läufern ausgestatteten Galerie, nicht nur beim schreienden Papst, dieser Paraphrase des dunkel leuchtenden Porträts des sitzenden Innocenz X. von Velazquez, das Francis Bacon geradezu manisch verehrte. Das Schockpotential des Künstlers, der einst sein Modell und seinen Geliebten George Dyer in den Tod getrieben hat, war in den 50er und 60er Jahren mindestens so groß wie bei den zersägten Tieren des heutigen ersten Künstlers Großbritanniens, Damien Hirst: Fleischereien als verbindende englische Kunstobsession. Nimmt man sich die Zeit, sich auf malerische Flachware einzulassen, ist die weniger marktschreierische, aber das Menschenbild selbst betreffende Provokation bei Bacon sogar immer noch größer. Hajo Schiff

„Francis Bacon – Das grafische Werk“, Galerie Hohmann, Magdalenenstraße 44, Mo - Fr 10 - 18, Sa 11 - 14 Uhr, bis 29. Januar