Den Nazis nicht einfach zusehen

Erneuter Fascho-Marsch durch Bergedorf. DGB ruft zu Gegendemo auf, die der Innensenator sogar erlauben will  ■ Von Peter Müller und Andreas Speit

Militante Neonazis wollen am Samstag erneut in Bergedorf aufmarschieren. Unter dem Motto „Für freie Meinungsbildung“ hat die Aktivistin der „Jungen Nationaldemokraten“, Inge Nottelmann, eine Demonstration angemeldet. Die Route soll am alternativen Kulturzentrum „Lola“ vorbeiführen. Hinter dem Aufmarsch steckt jedoch die militante Neonazi-Szene Norddeutschlands. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft erstmals selbst zu einer Gegenkundgebung vor dem „Lola“ auf.

Im Polizeipräsidium hielt man sich gestern bedeckt, lediglich die Anmeldung „einer rechten Demo“ wurde bestätigt. „Es laufen Vereinbarungsgespräche“, so Sprecherin Ulrike Sweden. Aus Polizeikreisen war aber zu erfahren, dass mit 50 bis 100 Teilnehmern des „harten rechten Kerns“ gerechnet wird. Das „Freie Infotelefon“ der Neonazi-Szene war auskunftsfreudiger. Organisator der Demo sei das „Norddeutsche Aktionsbüro“ der „Freien Nationalisten“, das von den Neonazi-Führern Christian Worch und Thomas Wulff geleitet wird.

„Es wird wohl zwei Demos geben“, schätzt Innenbehördensprecher Christoph Holstein die Lage ein: „Dass die DGB-Demo nicht stattfindet, ist unwahrscheinlich, und rein rechtlich ist die rechte Demo auch nicht zu verbieten.“ Laut Holstein wird die Demoroute so gelegt, dass es zu keinem Zusammentreffen kommt: „Dass die aufeinander losgehen, wird die Polizei verhindern.“

Die neuerliche Neonazi-Aktion ist eine direkte Reaktion auf die DGB-Veranstaltung „Neonazis in Bergedorf“ vom 16. Dezember vorigen Jahres. Damals waren auf Einladung des DGB-Ortskartells Innensenator Hartmuth Wrocklage und Polizeipräsident Justus Woydt (beide SPD) ins „Lola“ gekommen, um sich wegen der Verbote von Gegendemos zum großen Neonaziaufmarsch im Juli zu rechtfertigen. Rund 20 Neonazis des „Sturm 15 Lohbrügge“ und des „Hamburger Sturms“ hatten versucht, die Veranstaltung im „Lola“ zu stören und dabei von Antifaschisten Prügel bezogen. Auf der Veranstaltung hatten Woydt und Wrocklage beteuert, dass die Polizei im Juli Gegenproteste nicht verboten hätte, wenn eine „demokratische Organisation“ wie der DGB dazu aufgerufen hätte.

Daher haben die Bergedorfer Gewerkschafter in Rücksprache mit dem Hamburger DGB-Kreisvorsitzenden Erhard Pumm das Zepter nun in die Hand genommen. „Man muss etwas dagegen machen“, so Pumm gestern zur taz hamburg. Selbst wenn die Neonazis durch massive Gegenproteste profitieren würden, sagt der Polizeigewerkschafter und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete, „gibt es keine Alternative – wir können ja nicht zugucken!“

Die Regenbogen-Gruppe in der Bürgerschaft hat sich bereits dem DGB-Protest angeschlossen, erklärt der Bergedorfer Abgeordnete Lutz Jobs. „Das ist die Quittung für den großen Neonazi-Aufmarsch vom Juli“, so Jobs, „wo Wrocklage die Straße freigemacht und Proteste verboten hat.“