„Die Kursentwicklung ist weiterhin positiv“

Rüdiger von Rosen, Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts, zum „Börsencrash“

taz: Crasht die Frankfurter Börse gerade?

Rüdiger von Rosen: Von einem Crash, wie ihn viele Pessimisten schon wieder heraufbeschwören, kann meines Erachtens keine Rede sein. Vielmehr haben wir es mit einer Kurskorrektur zu tun. Auch der Begriff Abwärtsentwicklung führt in die Irre, schließlich liegt der Dax heute auf einem höheren Niveau als vor vier Wochen. Ferner sind die Verluste nicht durchgängig, beispielsweise sind alle Großbanken im Plus. Ein Crash würde vor keiner Branche Halt machen.

Womit sind dann die Verluste der letzten Tage zu erklären?

Es herrschte Ende Dezember eine extreme Euphorie am Markt, nachdem die Regierung für Anleger interessante Steuerveränderungen angekündigt hatte. Diese Euphorie verfliegt jetzt. Ferner nehmen viele Anleger schlicht ihre Gewinne wahr. Schließlich hatte der Dax am Montag einen historischen Höchststand erreicht.

Aber das sind doch alles Gründe für einen langfristigen Boom.

Eigentlich ja. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten stimmen in Deutschland, ich erwarte ein ordentliches Wachstum bei weiter niedriger Inflationsrate. Außerdem sind die deutschen Unternehmen sehr wettbewerbsfähig bezüglich ihres Ertrages sowie der internationalen Ausrichtung.

Wenn die Aussichten so rosig sind, weshalb dann die Kurskorrektur?

Zinsängste dürften wohl der Hauptgrund für die Korrektur sein. Steigen die Zinsen auf dem Geldmarkt, wird der Druck auf Aktien größer und es könnte zu einer Umschichtung von Aktien in Rentenpapiere kommen. Ich halte diese Ängste aber für überzogen, da die langfristigen Zinsen, historisch betrachtet, immer noch niedrig liegen. Wir haben es deswegen eher mit einem kurzfristigen Druck zu tun. Langfristig gibt es zur Aktie nur Ergänzungen, keine Alternativen.

Die Anleger müssen sich also keine Sorgen um ihr Geld machen?

Keineswegs, wenn man zwei Prämissen beachtet. Erstens muss man seine biometrischen Risiken – Tod und Invalidität der eigenen Person und seiner Familie – andersartig absichern. Darauf aufbauend lohnt die Aktienanlage weiterhin. In den USA hat die Kursentwicklung des Dow Jones maßgeblich dazu beigetragen, den Wohlstand der Bevölkerung zu mehren. Zweitens sollte jede Anlage langfristig ausgerichtet sein. Die langfristige Kursentwicklung in Deutschland ist weiterhin überaus positiv zu beurteilen. Der Lehrsatz des alten Börsengurus Kostolany „Kaufen, schlafen, schlafen, weitervererben“ hat seine Gültigkeit noch nicht verloren.

Und wie soll der private Kleinanleger nun seine Rente sichern?

Privaten Anlegern sind Aktienfonds zu empfehlen, die verschiedene Branchen abdecken und die Kursausschläge einzelner Aktien ausgleichen. Jedes Einsteigen aus reiner Zockerei, gar finanziert durch eine Kreditaufnahme oder um kurzfristige Gewinne zu realisieren, ist nicht empfehlenswert. Geduld und Risikodiversifikation heißen die Zauberwörter bei der Anlage in Aktien.Interview: Christian Krämer