Bei der SPD bleiben Homos nur Gatten zweiter Klasse

■ Justizministerin legt Gesetzesvorschlag für homosexuelle Partnerschaften vor. Herbe Kritik von Grünen, FDP und schwullesbischen Verbänden

Berlin (taz) – Durch eine Indiskretion aus dem Haus der Justizministerin sind die ersten konkreten Vorschläge eines „Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Sexualität: Lebenspartnerschaften“ bekannt geworden. Auf den Internetseiten der schwulen Sozialdemokraten (Schwusos) Niedersachsens wurde dieses als „Rohentwurf“ titulierte Reformvorhaben publik. Und wie schon im Dezember vorigen Jahres spekuliert wurde, ist das avisierte Gesetzeswerk lediglich von der Zustimmung durch den Bundestag abhängig; keine einzige Reformbestimmung müsste am Einspruch des nicht rot-grün dominierten Bundesrates scheitern.

Homosexuelle Lebensgemeinschaften sollen „Partnerschaft auf Lebenszeit“ heißen, nicht „Ehe“. Geschlossen werden könnten diese Beziehungen auf dem Standesamt. Beide Partner können den Namen des anderen annehmen, müssen es aber nicht. Vermögen, das in die „Partnerschaft“ eingebracht wird, wird nicht „gemeinschaftliches Vermögen“, es sei denn, beide vereinbaren dies ausdrücklich. Die traditionelle Eheregelung sieht diesen Fall umgekehrt vor.

Eine Trennung würde durch ein gerichtliches Urteil wirksam; einvernehmlich wäre dies nach 12 Monaten der Fall; sofern nur einer sich scheiden lassen will, würde das Gericht eine Frist von 18 Monaten setzen. Nach der Scheidung sind die Partner zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet, und zwar für zwei Jahre. Stirbt einer der Partner, ist der Überlebende neben den Kindern des Verstorbenen zu einem Viertel der Erbschaft gesetzlicher Erbe, zur Hälfte sogar, wenn es keine Kinder gibt.

Während der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) schon die Publikation des Entwurfs kritisiert, sprach Jörg van Essen für die FDP sogar von einem „schweren Skandal“. Die Arbeit der Justizministerin sei „völlig unzureichend“ und verbessere die Lebenssituation homosexueller Lebensgemeinschaft mitnichten. LSVD-Sprecher Manfred Bruns, ehemals Bundesanwalt in Karlsruhe, bezeichnete die Vorarbeit aus dem Hause Däubler-Gmelins als „enttäuschend“, weil sie nur ein „Torso“ sei, denn es fehlten „Kopf, Arme und Beine“.

Tatsächlich enthält dieser erste Entwurf kein Wort über den Zuzug ausländischer Partner, keine Möglichkeit von homosexuellen Partnern, gemeinsame Sozialversicherungspflichten und -rechte in Anspruch zu nehmen oder sich den Steuerprivilegien zu unterwerfen. Das ist auch nur logisch, stand für Herta Däubler-Gmelin doch seit Monaten fest, nur einen Entwurf vorzulegen, der erstens jede Nähe zu den traditionellen Eheregeln zu meiden sucht, und zweitens nichts in die Gesetzesmaschinerie zu werfen, was vom Bundesrat verhindert werden könnte.

Doch selbst im Sinne dieser defensiven Strategie ist der „Rohentwurf“ nicht konsequent. Ungleichberechtigungen finden sich in ihm gerade im Detail. Anders als in heterosexuellen Ehen muss die so genannte Zugewinngemeinschaft bei homosexuellen Partnerschaften ausdrücklich vereinbart werden. Achim Schipporeit von den niedersächsischen Schwusos: „Ich wüsste auch nicht, wie das sachlich begründet sein könnte.“ Folgen hätte diese Diskriminierung auch erbrechtlich: Im Falle des Todes einer der PartnerInnen müsste ein explizites Testament mit der Übereinkunft einer Zugewinngemeinschaft vorliegen, um die Blutsverwandten davon abzuhalten, das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen sich unter die Nägel zu reißen – heterosexuelle Eheleute sind davor gesetzlich automatisch geschützt.

Auch bringt der „Rohentwurf“ keine Klarheit zum Adoptionsrecht und zum Sorgerecht. Ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht fehlt erwartungsgemäß, aber vermisst werden muss auch die Chance, dass ein überlebender Partner die minderjährigen Kinder des verstorbenen Partnerns adoptieren könnte. Entsprechende Regelungen zum Sorgerecht fehlen ebenfalls. Unlogisch sind auch die potenziellen Bestimmungen zum Mietrecht. Anders als bei heterosexuellen Ehen sollen homosexuelle Lebenspartner im Falle des Todes des anderen nur dann einen Mietvertrag automatisch übernehmen können, sofern keine anderen Familienangehörigen des Überlebenden im gemeinsamen Haushalt leben.

Viele Sozialdemokraten lehnen den „Rohentwurf“ ab. Schwuso Schipporeit: „Ich weiß auch nicht, wie wir der Ministerin noch helfen können.“ Am 20. Januar tagt die rot-grüne Koalitionsarbeitsgruppe zum Thema. Der grüne Rechtsexperte Volker Beck: „Vor uns liegt noch viel Arbeit.“ Von der CDU lag gestern bei Redaktionsschluss noch keine Stellungnahme vor. Jan Feddersen

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