Digitales Restrauschen bei der BBC

Weil der Sender kein Geld für weitere digitale TV-Kanäle bekommt, nimmt der Generaldirektor schon jetzt seinen Hut

Die British Broadcasting Corporation (BBC) muss Federn lassen: Anstatt 700 Millionen Pfund (rund 2,1 Mrd. DM) für ambitionierte neue digitale TV-Kanäle über eine Sondergebühr von den britischen Fernsehzuschauern einzufordern, wird sie jetzt wohl wie die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender mit einer geringfügigen Erhöhung der normalen TV-Gebühren abgespeist. Der ungeliebte BBC-Director General, John Birt, will daher schon Ende Januar seinen Hut nehmen – offiziell hätte er noch bis Ende März an der Spitze der Anstalt gestanden, die in vielem auch immer als Vorbild für die ARD gilt.

Damit nicht genug: Birts Nachfolger Greg Dyke, zuvor Chef bei Großbritanniens größter TV-Produktionsfirma Pearson Television, übernimmt auch eine BBC, deren Einschaltquote 1999 zum ersten Mal unter die neuralgische 40-Prozent-Marke gefallen ist. Gerade hier, sagt Dyke, mache sich die Einführung digitaler TV-Anbieter bemerkbar, und deshalb brauche die BBC Geld für eigene Digitalprojekte. Neben dem bereits existierenden Wiederholungskanal BBC Choice, dem Parlaments-TV und dem Bildungsprogramm BBC Knowledge will die BBC in diesem Jahr einen digitalen Kinderkanal und einen Geschichtskanal starten. Damit liefert die BBC im Gegensatz zu den Digitalprojekten der deutschen Öffentlich-Rechtlichen ein echtes Zusatzangebot. Hierzulande besteht lediglich der digitale ZDF-Ableger Theaterkanal nicht vollständig aus Wiederholungen.

Die BBC steht nun vor einem Dilemma: Schließlich ziert den letzten Jahresbericht der hehre Anspruch, auch im digitalen Zeitalter Eckpfeiler der britischen Fernsehindustrie zu bleiben und gleichzeitig internationale Aktivitäten wie den auch in Deutschland zu empfangenden Nachrichtenkanal BBC World weiter auszubauen. Ausgerechnet dem und seinem britischen Inlands-Ableger News 24 bescheinigte kurz vor Weihnachten die einflussreiche Medienkommission des britischen Parlaments, „angesichts der hohen Kosten und der wenigen Zuschauer eigentlich überflüssig“ zu sein. Das letzte Wort hat jetzt Britanniens Medienminister Chris Smith.

Im nächsten Jahr soll es außerdem ein neues Rundfunkgesetz geben, mit dem Tony Blairs New-Labour-Regierung auch die Zukunft der BBC regeln will. Immerhin gilt Greg Dyke, ehemals Labour-Mitglied, als Vertrauter von Blair. Die Labour-geführte Medienkommission des Parlaments schert das wenig: Ihr Vorsitzender, der Labour-Abgeordnete Gerald Kaufman, ist ein BBC-Hasser und schließt selbst eine Privatisierung der BBC nicht aus. Solange Kaufman in dieser einflussreichen Position bleibt, wird er versuchen, den offiziellen Programmauftrag der BBC möglichst gering zu halten – und so den ehrgeizen digitalen Plänen eine Bauchlandung verordnen. stg