Gut ausgeschlafen und hochklassig von Sieg zu Sieg

Der Österreicher Andreas Widhölzl gewinnt Bischofshofen und die Vierschanzentournee

Berlin (taz) – Andreas Widhölzl ließ sich nicht mehr ins Bockshorn jagen vor dem gestrigen Abschlussspringen der Vierschanzentournee im österreichischen Bischofshofen. Nicht von den dramatischen Krankheitsmeldungen aus dem Lager seines schärfsten Konkurrenten Martin Schmitt, nicht durch den eigenen verpatzten Sprung in der Qualifikation und auch nicht durch die Beschwörungen des deutschen Ex-Springers Dieter Thoma: „Vielleicht schläft er jetzt ein bisschen schlechter.“

Widhölzl hatte offenbar bestens geschlafen, und schon mit seinem ersten Flug auf den neuen Schanzenrekord von 131,5 Metern stellte der Tiroler noch einmal klar, wer der dominierende Springer der 48. Vierschanzentournee war. Im zweiten Durchgang begnügte sich der 23-Jährige mit 129 Metern, auch diesmal die beste Weite aller Springer. „Bei 20 Punkten Rückstand muss man realistisch sein“, hatte Martin Schmitt schon vor dem zweiten Sprung alle Hoffnungen fahren lassen, „das kann man nicht aufholen.“ Nach 127 Metern im ersten Durchgang kam der 21-Jährige im zweiten auf 125,5 Meter, was diesmal nur zum dritten Rang hinter dem Finnen Janne Ahonen (130,5/128) reichte. In der Gesamtwertung rutschte Schmitt ebenfalls noch hinter Ahonen auf den dritten Rang, der überlegene Gewinner hieß jedoch Widhölzl.

„Au shit, Herr Schmitt!“, hatten die Zuschauer im letzten Jahr skandiert, als der Schwarzwälder in Bischofshofen endgültig den Gesamtsieg einbüßte. Ein Slogan, der auch gestern passte. Den Saisonauftakt im Weltcup hatte Schmitt deutlich beherrscht und auch den ersten Wettbewerb der Tournee in Oberstdorf noch souverän gewonnen. Den Schock von Garmisch-Partenkirchen, als Widhölzl dem zum Superhypertopfavoriten stilisierten Weltmeister den Triumph wegschnappte und 35.000 zunächst euphorisch gestimmten Zuschauern die Laune verdarb, konnte er jedoch nicht verwinden. Danach sprang er zwar immer noch hochklassig, der Zauber der Unbesiegbarkeit, der ihm bis dahin angehaftet hatte, war jedoch dahin. „Nicht mehr ganz so rund“, seien die Sprünge gewesen, analysierte gestern Bundestrainer Heß.

Umso runder waren die von Andreas Widhölzl, der mit den Siegen in Garmisch, Innsbruck und Bischofshofen nach jahrelanger Skisprung-Dominanz von Japan und Deutschland mal wieder den Österreichern Grund zum Jubeln gab. Deren früheres Idol Toni Innauer ließ es sich nicht nehmen, der Sache sogleich einen Schuss Übermut beizufügen: „Schade, dass er nicht alle vier Springen gewonnen hat.“ Matti Lieske