Vorhang auf zum Drehen

Die Schule für Schauspiel Hamburg bildet jetzt für Theater und Film aus. Aber: „Die Abteilung Weltstar gibt es noch nicht“  ■ Von Sandra Wilsdorf

Was haben Bäckereien und Schauspielschulen gemeinsam? Sie müssen sich dem Markt anpassen. „Ein Bäcker kann sich nicht weigern, Nussecken zu backen, wenn die nachgefragt werden“, sagt Olivia Rüdinger. Und eine Schauspielschule kommt nicht da-ran vorbei, dass immer mehr SchauspielerInnen vor der Kamera statt auf der Bühne stehen. Deshalb bildet Olivia Rüdingers und Michaela Uhligs „Schule für Schauspiel Hamburg“ neuerdings für Film und Theater aus.

Bislang gab es in der dreijährigen Ausbildung einmal pro Jahr ein Wochenendeseminar zum Thema Film. Jetzt ist die Arbeit vor der Kamera blockweise in den Stundenplan integriert, zusätzlich gibt es Einheiten zu Script-Analyse, Drehbuch-Entstehung, zu Medienenglisch, Moderation und zu Film- und Genreanalyse. „Vieles ist übergreifend, beispielsweise das Training von Körper, Atem, Stimme und der Sensibilität“, sagt Michaela Uhlig.

Für viele ist die Frage, ob sie beim Film oder im Theater arbeiten wollen, eine rein finanzielle: Ein Theaterschauspieler verdiene zwischen 2800 und 3500 Mark brutto im Monat. „Beim Drehen bekommt schon der Anfänger Tagesgagen von 1200 bis 1500 Mark pro Tag“, sagt Olivia Rüdinger.

„Dafür verlangen die aber auch, dass man sofort funktioniert“, sagt sie. Da gebe es keine Probenphasen. „Weil beim Film jede Minute so irrsinnig teuer ist, muss beispielsweise auch das Zusammenspiel mit den Kollegen ad hoc klappen.“

Trotzdem: Heute wollen viel mehr Leute zum Film als früher. „Viele kommen nicht mehr, weil sie Theater faszinierend finden, sondern weil sie Serien gucken“, so Rüdinger. Es gibt Leute, die möchten Schauspieler werden, ohne jemals im Theater gewesen zu sein. „Die wollen einfach nur reich und berühmt werden.“ Aber da hat Olivia Rüdinger eine schlechte Nachricht: „Man kann nicht lernen, ein Weltstar zu werden, die Abteilung gibt es noch nicht.“ Aber man kann Präsenz lernen, denn die habe etwas mit innerer Schönheit zu tun. Und die wiederum mit Arbeit. „Viele sehen nicht, dass ihr Körper ihr Instrument ist, das mental und körperlich fit sein muss“, sagt Michaela Uhlig. Deshalb bietet die Schauspielschule vorab einen dreimonatigen Orientierungskurs an.

Egal, ob mit oder ohne – nicht alle stehen die sechssemestrige Ausbildung durch. „Das erste Jahr gilt als Probejahr, danach gibt es ein Feedback von allen Lehrern.“ Etwa ein Viertel der TeilnehmerInnen geht innerhalb des ersten Jahres. Wer es aber durchhält und die Abschlussprüfung schafft, hat gute Aussichten auf einen Job: „Etwa 80 Prozent unserer Absolventen sind hinterher in Lohn und Brot“, weiß Olivia Rüdinger, arbeiten im Theater oder beim Film. Oder in den Medien: „Da öffnen sich neue Möglichkeiten, beispielsweise im Bereich der Moderation.“ Flexibilität sei da wichtig. „Heute ist man viel mehr sein eigener Business-Man als früher.“

Diese Aussicht macht vielen Angst. Auch vielen Eltern. „Dabei ist es heute in fast allen Berufen unsicher, dann soll man doch etwas machen, woran das Herz hängt“, empfiehlt Michaela Uhlig. „Natürlich geht man ein Risiko ein, bis man etwas erntet, können zehn Jahre vergehen. Aber dann“, schwärmt Uhlig, „hat man einen wunderschönen Beruf, der sich mit allen menschlichen Themen beschäftigt.“ Sie und Olivia Rüdinger haben jahrelang Tanztheater gemacht, bevor sie zunächst ein Fort- und Weiterbildungszentrum für ausgebildete SängerInnen, TänzerInnen und SchauspielerInnen aufgebaut haben.

Seit 1987 gibt es die „Schule für Schauspiel“, die seit September 1998 eine staatlich anerkannte Berufsfachschule und als solche Bafög-berechtigt ist. Die SchülerInnen müssen bei der Aufnahme zwischen 18 und 26 Jahre alt sein, Abi-tur oder die Realschule und eine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Die Schule kostet 700 Mark im Monat. Die nächste Aufnahmeprüfung ist im April.

Schule für Schauspiel Hamburg, Oelkersallee 29a + 33, Telefon: 430  20 50.