Elfenbeinküste kommt nicht zur Ruhe

Misslungene Regierungsbildung des Militärherrschers Guei schürt Angst vor neuem Putsch. Soldatenrevolte in Mali vereitelt

Berlin (taz) – Eine Gnadenfrist bekommt General Robert Guei nicht. Seit der neue Militärherrscher der Elfenbeinküste seine Regierungsbildung spektakulär in den Sand setzte, ist die nationale Eintracht dahin, mit der der Sturz des Regimes von Henri Konan Bédié durch das Militär zu Weihnachten 1999 begrüßt worden war.

Die Bildung einer Allparteienregierung, die Guei nach dem Putsch versprochen hatte, war in der Nacht zum Mittwoch schiefgegangen, als die linksoppositionelle „Ivoirische Volksfront“ (FPI) kurz nach Fertigstellung der Kabinettsliste ankündigte, ihre Posten nicht einzunehmen – aus Protest gegen eine angebliche Bevorzugung des politischen Rivalen „Sammlung der Republikaner“ (RDR). General Guei hielt am Mittwoch trotzdem eine erste Kabinettssitzung ab, bei der die vier FPI-Stühle leer blieben. Daraufhin mehrten sich die Zeichen, dass der Bruch zwischen der FPI – immerhin die zweitstärkste Partei des Landes, die die Loyalität eines Großteils der ökonomisch marginalisierten Stadtjugend Abidjans genießt – und dem Militär tiefer ging als ein Streit um Ministerposten. Ein geplantes Treffen zwischen Guei und FPI-Führer Laurent Gbagbo wurde abgesagt.

Zugleich kursierten Gerüchte, der unter militanten Oppositionellen beliebte und am Putsch beteiligte Oberst Mathias Doué sei kaltgestellt, wenn nicht gar verhaftet worden. Doué, in der unmittelbar nach dem Putsch gebildeten Militärjunta die Nummer vier, war im Kabinett auf den protokollarisch unbedeutenden Posten des Sportministers abgeschoben worden – genau der Posten, auf den 1995 der damalige Armeechef Guei vom damaligen Präsidenten Bédié wegen angeblicher Putschvorbereitungen strafversetzt worden war.

Von da an war es nicht weit zur Spekulation, ein zweiter Putsch sei im Gange – diesmal gegen Guei. In der Nacht zu Donnerstag waren aus dem Militärlager Akouédo, wo die zum Putsch führende Meuterei vom Heiligabend 1999 begonnen hatte, Schüsse zu hören. Donnerstagmittag bezogen Dutzende Soldaten Stellung vor dem staatlichen Rundfunkgebäude.

Die Regierung rief daraufhin die Bevölkerung zur „allergrößten Wachsamkeit“ auf. Die „hartnäckigen Gerüchte einer die öffentliche Ordnung störenden Art“ seien „in keiner Weise begründet“, erklärte sie. Zum Beweis durften Journalisten den gerüchteumwobenen Oberst Doué besuchen – in seinem Haus, mit zwölf Soldaten vor der Tür und einer vorbereiteten Erklärung, er sei „für 72 Stunden“ krank.

Das war nicht gerade geeignet, die Gemüter zu beruhigen, wie Guei selbst auf einer Tour durch die Kasernen zur, wie es amtlich hieß, „Rekonditionierung der Soldaten“ feststellen musste. Nach Zeitungsberichten äußerten die Truppen vor allem Unzufriedenheit über die Regierungsbildung. Guei reagierte mit dem Hinweis auf die internationale Gemeinschaft, die schließlich ein rasches Ende der Militärherrschaft verlangt hätte. „Wir haben keine Zeit, Politik zu machen“, sagte er.

Damit sind die Politiker der Elfenbeinküste nicht einverstanden. Während mehrere kleine Parteien ihre Ablehnung der neuen Regierung verkündeten, nannte die FPI-Zeitung Notre Voie Gueis Regime gestern ein „Kinderspiel, wo die politische Pädophilie herrscht“.

Dass die Soldaten der Elfenbeinküste gemerkt haben, wie leicht ein Putsch ist, könnte nicht nur Guei noch schwer zu schaffen machen. In mehreren Nachbarländern gibt es Regierungen, die Grund hätten, sich vor einer Revolte von Volk und Soldaten zu fürchten. In Mali soll diese Woche schon ein Putschversuch vereitelt worden sein. Wie erst jetzt bekannt wurde, verhafteten die Behörden mehrere Soldaten, die eine Meuterei vorbereitet und entsprechende Flugblätter verteilt hatten. Die Soldaten dienten früher mit den späteren Putschisten der Elfenbeinküste in der UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik. Dominic Johnson