„Dumpfer Populismus“

■ Der Bündnisgrüne Reinhard Loske hält die Kampagne der Opposition gegen die Ökosteuer für „grotesk und scheinheilig“, räumt aber ein, dass die Regierung zu wenig für das Projekt geworben habe

taz: Die Ökosteuer ist mühsam auf den Weg gebracht, im November beschloss der Bundestag nach langem Ringen endgültig die weiteren Stufen bis 2003. Doch kaum ist nun der Benzinpreis über die symbolische Schwelle von zwei Mark getreten, bricht eine neue Protestwelle los. Frustriert Sie das?

Reinhard Loske: Frustrieren nicht. Was mich aber schon wundert, ist, dass auch Angela Merkel von der CDU als frühere Umweltministerin, die immer für die Ökosteuer war, nun auf den Zug aufspringt. Dass Möllemann, Brüderle und Co., dass diese dumpfen Populisten nun draufschlagen, habe ich erwartet. Dass auch Merkel jetzt so tut, als ob das Benzin das Lebenselexier der Freiheit wäre, ist schon scheinheilig. CDU und FDP können nicht immer von Klimaschutz reden und dann, wenn wir entsprechende Maßnahmen ergreifen, um das von Kohl formulierte Klimaziel zu erreichen, Zeter und Mordio schreien.

Haben Sie nicht Angst, dass Ihnen nun ein ähnliches Debakel droht wie vor zwei Jahren mit der ehemaligen Forderung der Grünen vor der Wahl nach fünf Mark für den Liter Sprit?

Nein, das glaube ich nicht. Man kann klarmachen, dass der Anstieg um sechs Pfennig pro Liter im Jahr sehr moderat ist. Das entspricht gerade mal drei Prozent, wenn man jetzt mal grob von einem Spritpreis von zwei Mark ausgeht. Es wird also niemand überfordert. Momentan kommen einfach ein paar Faktoren dazu: Erstens stieg der Rohölpreis in einem Jahr von 10 Dollar auf inzwischen um die 25 Dollar, das merkt man auch an der Tankstelle. Zweitens haben wir einen sehr ungünstigen Dollarkurs, und Öl wird nun mal in Dollar gehandelt. Drittens haben auch einige Wegelagerer der Mineralölwirtschaft im Windschatten der Ökosteuer noch mal kräftig zugelangt. Das versucht nun vor allem die Springer-Presse alles auf die Ökosteuer zu schieben, das ist natürlich grotesk.

Immerhin haben die Gegner es geschafft, dass wieder ausschließlich über den Benzinpreis geredet wird.

Die Leute neigen dazu, das, was sie auf dem Lohnzettel haben, zu übersehen – und das, was sie an den Zapfsäulen sehen, überzubewerten. Alle Einnahmen aus der Ökosteuer werden aber über die Senkung der Lohnkosten wieder zurückgegeben. Und wer sparsam mit der Energie umgeht, wird zusätzlich belohnt.

Eine Mehrheit ist laut Umfragen gegen die Ökosteuer. Fürchten Sie nicht Stimmenverluste bei der Wahl in Schleswig-Holstein?

Wir haben immer gesagt, die Preise für das Benzin müssen die ökologische Wahrheit sagen, man muss die Kosten für die Umweltzerstörung auf den Preis umlegen. Wenn der politische Gegner das populistisch ausschlachtet, kann man dann nicht einfach sagen: Ach, war nicht so gemeint.

Die Bundesregierung war doch durch das Fünf-Mark-Debakel der Grünen gewarnt. Warum tut sie so wenig, um für die Ökosteuer zu werben?

Das ist tatsächlich ein Versäumnis. Das Bundespresseamt muss in Zukunft mehr für die Ökosteuer werben.

Ein häufiger Vorwurf lautet, die Ökosteuer belaste vor allem den kleinen Mann.

Das ist nicht ganz falsch, weil indirekte Steuern ärmere Leute immer etwas stärker treffen. Aber bei der allgemeinen Reform haben wir ja die kleinen und mittleren Einkommen besonders entlastet. Die Gesamtbilanz stimmt: Alles zusammen ist das eine sehr arbeitnehmerfreundliche Steuerreform.

Nun wurden verschiedene Klagen angedroht. Gefährdet das die Ökosteuer?

Die Ökosteuer als Ganzes ist auf gar keinen Fall gefährdet. Die Klagen beziehen sich nur auf Details der Steuer. Den Spediteuren, die eine Befreiung wollen, weil sie sich im internationalen Wettbewerb benachteiligt fühlen, räume ich keine Chance mit ihrer Klage ein: Die deutschen Dieselsteuern liegen im europäischen Mittelfeld. Die zweite Klage kommt von den Kühlhausbetreibern, die als Dienstleister genauso wie das produzierende Gewerbe den ermäßigten Satz haben wollen. Ich glaube, auch diese Klage hat keine Aussicht auf Erfolg.

Sind Sie denn mit den bisherigen Ausnahmeregeln zufrieden?

Jetzt ist es ja so, dass Landwirtschaft und produzierendes Gewerbe prinzipiell einen ermäßigten Steuersatz zahlen, nämlich nur ein Fünftel des Regelsteuersatzes. Damit zahlen sie für den Strom jetzt nicht 2,5 Pfennig Ökosteuer pro Kilowattstunde, sondern nur 0,5 Pfennig. Das ist mir zu pauschal. Außerdem hat die Kommission das bloß bis 2002 notifiziert. Wir haben deshalb ohnehin vor, die Ausnahmeregelungen für die Industrie noch mal zu überarbeiten.

Wie könnte das aussehen?

Ich könnte mir vorstellen, eine Befreiung künftig von einer Umweltprüfung des Betriebes, einem so genannten Öko-Audit, abhängig zu machen. Nur wer so seine Energiesparpotenziale erschließt, würde dann einen reduzierten Ökosteuersatz zahlen.

Interview: Matthias Urbach