Russische Militärs stoppen vorerst Offensive gegen Grosny

Krisensitzung des Generalstabs: Neue Strategie soll Erfolg erzwingen. Zwei Generäle abgelöst

Moskau/Mosdok (dpa) – Knapp zwei Wochen nach Beginn der russischen Großoffensive gegen die tschetschenische Hauptstadt Grosny hat das Oberkommando den Vormarsch am Freitag gestoppt. Die Offensive hatte sich schon kurz nach ihrem Beginn zu Weihnachten angesichts des erbitterten Widerstands der Rebellen festgefahren. Zugleich wurden zwei russische Generäle von ihrem Kommando entbunden. Der Generalstab legte nach einer Krisensitzung eine neue Strategie fest. Danach soll sich von sofort an der russische Vorstoß auf Stellungen der Rebellen in den Bergregionen im Süden Tschetscheniens konzentrieren.

Von Freitag an seien die Luft- und Artillerieangriffe vorerst eingestellt worden, sagte der bisherige Befehlshaber der Ostfront der russischen Kaukasus-Streitkräfte, General Gennadi Troschew. Troschew sowie der Kommandierende der Westfront, General Wladimir Schamanow, wurden ihrer Posten enthoben, berichtete der russische Fernsehsender NTW. Neue Frontabschnitts-Kommandeure seien die jeweiligen bisherigen Stellvertreter der Generäle, Sergej Makarow und Alexej Werbitzki, geworden. Grund dafür waren die ins Stocken geratene Offensive sowie die wachsenden Verluste der russischen Truppen. Die russischen Einheiten kämpften aber weiter gegen Rebellen in den seit Tagen umkämpften Stadtteilen Staropromyslowski und Staraja Sunscha im Nordwesten und Norden, sagte Troschew. Offiziell gab er als Begründung für die Unterbrechung des Vormarsches „die schwierige ökologische Lage“ in Grosny an, wo Rebellen angeblich giftige Chemikalien freisetzten. Die Soldaten könnten sich zwar vor den Giften schützen, nicht aber die Zivilbevölkerung.

Beobachter hielten diese Begründung für einen Vorwand. Etwa 1.500 bis 3.000 Rebellen haben Grosny zu einer Verteidigungsbastion ausgebaut. Im russischen Fernsehen hatten vor wenigen Tagen Soldaten nahe Grosny gesagt, dass die Offensive entgegen der offiziellen Moskauer Darstellung kaum voran komme. Ursprünglich sollte Grosny bis kurz nach Neujahr erobert sein.

Auch am Fuße der tschetschenischen Berge kommt die russische Offensive wegen des heftigen Widerstands der Rebellen nicht voran. Nach dreiwöchigen Kämpfen sei es den russischen Streitkräften nicht gelungen, die wichtige Ortschaft Serschen-Jurt, etwa 25 Kilometer südöstlich von Grosny, zu erobern, meldete die Nachrichtenagentur Itar-Tass.

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