Leben in der Wirklichkeit

■ Die Vorschau: Der indianische Singer/Songwriter John Trudell gastiert morgen Abend mit Band in Bremen

Eine Karriere als Dichter und Musiker war ihm eigentlich nicht in die Wiege gelegt. John Trudell, der morgen in Bremen auftritt, wurde 1946 in Omaha, Nebraska, geboren, sein Vater war Santee Dakota, seine Mutter mexikanisch-indigener Herkunft. Er wuchs in der Nähe der Santee-Reservation in ärmlichen Verhältnissen auf, erlebte, dass der „amerikanische Traum“ für Native Americans Ausgrenzung, Entwurzelung, Armut und Rassismus buchstabiert wird. 1969 gehörte er zu den Wortführern der BesetzerInnen von Alcatraz, einer weltweit beachteten Aktion für die Rechte der Native Americans, die die Geburt der neuen, militanten indianischen Widerstandsbewegung markierte.

Trudell schloss sich dem neugegründeten American Indian Movement (AIM) an, gehörte bald zum Führungszirkel und war von 1973 bis 1979 nationaler Vorsitzender. Die militante Bewegung wurde von der US-Regierung ähnlich hart angegangen wie die Black Panthers. Führungsmitglieder wurden durch konstruierte Beweise wegen Mordes verurteilt – Leonard Peltier sitzt seit Mitte der 70er Jahre im Knast. Es gab mehrere Anschläge auf verschiedene AIM-FührerInnen, viele AktivistInnen kamen unter seltsamen ungeklärten Umständen ums Leben. Nach Auffassung Trudells fiel 1979 auch seine Familie diesem Krieg zum Opfer, seine Frau, ihre drei Kinder und die Großmutter seiner Frau starben bei einem Brand seines Hauses, dessen Ursache nie aufgeklärt werden konnte. Angesichts der FBI-Politik gegenüber dem A.I.M. ist der Verdacht eines Anschlags nahe liegend.

Der tragische Verlust bedeutete eine Wende in Trudells Leben. Er zog sich zurück und fing an zu schreiben, 1981 veröffentlichte er den Gedichtband „Living in Reality“, entschied sich dann aber, seine Gedichte mit Musik zu verbinden. 1985 traf er den Gitarristen Jesse Ed Davis, ein Kiowa, der bereits mit Eric Clapton, Bob Dylan, John Lennon, Taj Mahal und Jackson Browne zusammengearbeitet hatte. Zusammen veröffentlichten sie drei Alben, bevor Davis 1988 unerwartet starb.

Die Mischung aus Rock mit Einsprengseln traditioneller „indianischer“ Gesänge und Trommeln und Trudells Spoken-Word-Lyrics kam gut an. Trudell hat sich nicht von seinem politischen Anspruch verabschiedet, in seinen Texten beschreibt und kommentiert er die Verhältnisse in den USA aus seiner Sicht als Native American, sarkas-tisch, bitter, lakonisch und in manchmal eindringlichen poetischen Bildern. So lebt die Musik vor allem von seinen im Sprechgesang vorgetragenen Texten, dem Rhythmus seiner Poesie.

Die musikalischen Grundlagen selbst liegen häufig im Mainstream-Rock mit Anleihen bei Country und Singer/Songwritertum, manchmal allerdings gelingen Trudell und seiner Band faszinierende Verknüpfungen von Blueselementen und indianischen Pow-wow Traditionen. Arnaud

Konzert in der „Sparkasse in Concert“-Reihe am Dienstag, 11. Januar, um 20 Uhr im Moments