Buchtipp
: Tee mit Pfefferminze

„Dann entdeckte sie neben dem Souvenirshop ein Café. Es war ein bisschen folkloristisch ausgestattet, und sie fand es sofort einladend. Wir nahmen an einem kleinen Tisch mit Blick auf den Museumsgarten Platz. ‚Ach!‘, rief sie aus. ‚Ist das gemütlich hier! Und so ein schöner Blick in den Garten.‘ Sie konnte ihre europäischen Allüren nicht einen Moment aufgeben. Kaum sah sie in irgendwelches Grünzeug, genoss sie den Blick. Machte man irgendwo auf Romatik, fühlte sie sich gut aufgehoben.“ – Ein Ägypter reist mit seiner deutschen Frau erstmals in seine Heimat. Was er ihr zeigen will, entspricht selten dem, was sie erwartet. Was sie erwartet, liegt ihm meistens völlig fern. Sei es der Besuch eines touristisch aufgemotzten Cafés, der Ausflug zu den Pyramiden, der Einkauf von landestypischen Stücken, die Einkehr in ein Männercafé oder der Bummel in Kairos hektischem Straßenverkehr.

Auf selbstironische Art, manchmal mit einem Anflug von gefälligem Paternalismus – auch das möglicherweise kulturspezifisch – beschreibt der Autor M. Sharaf die Missverständnisse und unterschiedlichen Sichtweisen der beiden Protagonisten. Dabei gelingt es ihm, die Perspektive des Ägypters ebenso zu relativieren wie die seiner deutschen Frau. Was da aufeinander prallt, sind die pure Alltäglichkeit und die unterschiedlichen Vorstellungen, wie damit umgegangen werden soll. Die deutschen Erwartungen an Ordentlichkeit, Pünktlichkeit und Müllentsorgung im Gegensatz zur ägyptischen Einstellung zu Zeit, Ordnung und Sauberkeit, aber vor allem auch der Anspruch von Intimität im Gegensatz zur ständigen Beanspruchung in einer Großfamilie. Dass diese zu einem bourgeoisen Milieu gehört, macht den Aufenthalt einer Deutschen zumindest angenehmer. Des Rudeldaseins entwöhnt, kann sie doch den Charme einer allzeit bereiten Großfamilie genießen.

Die Orientalistin Annemarie Simmel hat das Vorwort geschrieben. Ihr pathetisches Fazit: „Wer einmal die Wärme in einer orientalischen Familie erlebt hat, kann gar nicht widerstehen. Es mag schwierig für die an Alleinsein und knappe Organisation gewöhnten Europäerin sein, sich in diese Wärme einzufügen, aber trotz mancher heimlicher Seufzer über das oft allzu nahe Miteinander ist man dankbar für die herzliche Aufnahme in der Familie.“

Das Buch ist weder eine literarische Leistung noch ein Ratgeber für Kulturkontakt, es zeichnet sich durch Leichtigkeit und das Fehlen von Rechthaberei aus. Damit zeigt es mehr über die allzu oft bemühte und exotisierte orientalische Lebensweise als so manche seriös daherkommende Analyse. Ein Buch, das menschelt ohne Besserwisserblick. Für alle Eingeheirateten und sonstigen Freunde des Orients empfehlenswert. edM. Sharif: „Shai bi nana. Tee mit Pfefferminze“. 1999, 195 Seiten, 19,80 DM