Der Bundeskanzler und die erste Einigung im Bündnis für Arbeit
: Von Etappensieg zu Etappensieg

Nun soll also flexibel verhandelt werden, von Branche zu Branche, mal mit mehr, mal mit weniger Lohn, mal mehr, mal weniger früh in Rente. „Es werden Wege gefunden, ein beschäftigungswirksames vorzeitiges Ausscheiden langfristig Versicherter aus dem Erwerbsleben zu zumutbaren Bedingungen für die Betroffenen zu ermöglichen, ohne dass zusätzliche Belastungen für die Sozialversicherung entstehen“, so ein zentraler Satz der Vereinbarungen beim Treffen des gestrigen Bündnisses für Arbeit.

Dass sich die totgesagte Prestigerunde überhaupt noch trifft und dann auch noch ein Papier verabschiedet, ist eigentlich schon bemerkenswert genug. Immerhin hatten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber bei den letzten Runden kaum aufeinander zubewegt und die Wirtschaft zeigte wenig Interesse, irgendwelche Garantien abzugeben. Fast konnte man annehmen, der deutsche Verbändestaat werde langsam beerdigt: Alle Interessenvertreter verhandeln und keiner drückt ohne Rücksicht auf Verluste seine Position durch – genau das schien angesichts der vielbemühten Globalisierung obsolet, Liberalisierung das Allheilmittel zu sein. Und nun produziert das Bündnis für Arbeit doch noch ein erstes Ergebnis.

Ob die gezwungenermaßen schwammigen Sätze – schließlich bleibt die Tarifhoheit weiterhin bei Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften in den Tarifrunden – irgendeinen Arbeitsplatz retten, ist nun vor allem für den Bundeskanzler politisch nicht mehr so wichtig. Gerhard Schröder hat es wieder einmal geschafft, seine Verhandlungspartner so in Zugzwang zu bringen, dass sie sich bewegen mussten. Sowohl Unternehmern als auch Gewerkschaften hätten als die großen Arbeitsplatzverhinderer dagestanden, wenn sie sich unnachgiebig gezeigt hätten. Und schließlich hatte die Bundesregierung alle notwendigen Gesetzesänderungen zugesichert.

Imagemäßig ist der Kanzler derzeit also nicht zu stoppen. Jetzt muss er nur noch aufpassen, dass ihn bis zum nächsten Bundestagswahlkampf in zwei Jahren nicht die Realität einholt. Wenn die Arbeitslosenzahlen nicht wirklich sinken, dann wird Schröder ein Problem beim nächsten Urnengang haben – gefledderte CDU hin oder her. Denn gewählt wird schließlich mit dem Geldbeutel in der Tasche und nicht mit dem Parteispendengesetz. Doch selbst das könnte klappen; die Konjunkturaussichten bis 2001 werden von den Volkswirtschaftlern als gut wie lange nicht mehr eingeschätzt. Gute Aussichten auf ein Kanzlerwetter also. Reiner Metzger