Mit Wärme und viel Schmelz

■ Unplugged war gestern. Bei der „Lazy Lounge“ geht's jetzt noch viel leiser zu. Z05 Antimagnetic spielten im Lagerhaus

Eigentlich hätte es ein feiner Spaß für Leute werden können, die mit einer Liebe zu deftiger Musik der späten Achtziger und frühen Neunziger ausgestattet sind. Sie hätten, wäre es nach der Ankündigung gegangen, bei dem Konzert von Z05 Antimagnetic am Sonntag im Lagerhaus der Umkehrung eines gängigen Metal- und Hardcore-Verfahrens beiwohnen können: Die Musiker der etwas härteren Gangart bringen Stücke fremder Genres durch Beschleunigung und Stromgitarrenhobel in eine ihnen völlig fremde Form – Z05 Antimagnetic wollten in der konsequenterweise „V.B. Schulze's Lazy Lounge“ genannten Reihe den umgekehrten Weg gehen und ihre Lieblingsstü-cke aus Black-, Death- und Trash-metal sowie Grind- und Noise-Core sozusagen lazy machen.

„Super-sanftweiche Schaumstoffversionen zur Entspannung und schöngeistigen Konversation“ hatte die Band wörtlich angekündigt. Zur schöngeistigen Konversation taugte sehr wohl, was dann tatsächlich zu hören war. Nur war beim besten Willen keine Spur des angekündigten Programms zu entdecken. „You make me feel so good“ ist eine Zeile, die wahrscheinlich einem Deathmetal-Sänger in Ausübung seines Amtes nie im Leben über die Lippen käme.

Stattdessen spielte die vierköpfige Band mitsamt Initiator V.B. Schulze am Bass sanft ausufernde Psychedelik. Ausführlich wurden die Motive von allen Seiten betrachtet und an der langen Leine geführt. Nur laut werden durfte es nicht, dann gab es sofort einen Rüffel von den Tresenkräften. Die Leisheit ist allerdings nicht allein dieser Empfindlichkeit des Personals geschuldet, sondern Teil des Konzepts.

„Ich wollte einen Spielplatz für musikalische Experimente in Kaffeehauslautstärke“, umreißt V.B. Schulze die Idee seiner Lazy Lounge. „Die Leute, die bislang in der Lounge spielten, haben sowieso ein Faible für leise Musik, Exotic Music, Easy Listening und solche Sachen.“ Abgesehen von der Lautstärke ist das Konzept völlig offen. Die obskure Ankündigung war deshalb eigentlich auch kein Witz.

„Wir haben alle auch eine Tendenz zu extremer Musik. Ich mag John Zorns Sachen, aber beispielsweise auch Slayer“, erzählt Schulze. „Und vor ein paar Monaten hatten wir wirklich die Idee, solche Stücke zu spielen.“ Infolge der Ausstiege zweier Gitarristen muss-te umdisponiert und ein neuer Gitarrist gefunden werden. „Das Ensemble, mit dem wir schließlich gespielt haben, bestand erst seit zwei Tagen. Wir haben noch nie vorher miteinander gespielt.“ Z05 Antimagnetic sind allerdings improvisationsfest genug, um damit Probleme zu haben.

Schließlich vergnügen sich die Musiker allesamt noch in den verschiedensten Formationen und in sämtlich-möglichen bandinternen Kombinationen. Und die Herausforderung lieben sie auch, oder was sonst soll es gewesen sein, als die Band vor ein paar Monaten ein zwölfstündiges Konzert im Güterbahnhof ankündigte und spielte?! V.B. Schulzes Einschätzung jener legendären Performance lässt vermuten, dass er noch lange nicht genug von derlei Aktionen hat: „Es war gar nicht so erschöpfend wie wir das erwartet hatten.“

Im September findet im Kioto im Lagerhaus übrigens eine ganznächtige Lazy Lounge statt, bei der sich verschiedene Besetzungen ganz gewaltig in Improvisation schaffen werden. Bis dahin gibt es einmal im Monat schöngeistige Klangteppiche im Café. Im Februar spielt die Hamburger Band Phil sphärische Improvisationen auf Geige und Cello, im März folgt ihnen ein Computerprojekt von Schulze himself, „mit menschlicher Wärme und viel Schmelz“. Andreas Schnell

„V.B. Schulze's Lazy Lounge“: jeden zweiten Sonntag des Monats ab 20.30 Uhr im Café Lagerhaus