Cash und Crash 
: Das Aktienkarussell im neuen Jahrtausend

Nürnberg (taz) – Wilde Schreie des Schreckens und Entzückens sind bisher auf dem internationalen Börsenparkett ausgeblieben, doch die Achterbahnfahrt der Aktienkurse hat in den letzten Wochen sicherlich bei so manchem Anleger für einen Kick gesorgt. Erst eine lang anhaltende Jahresendrallye, die alle Indizes in luftige Höhen trieb, dann ein Kurssturz, der den deutschen Aktienindex Dax innerhalb eines Tages um sieben Prozent fallen ließ, und gleich im Anschluss wiederum eine heftige Aufwärtskurve.

Die kräftigen Schwankungen sind mit wirtschaftlichen Basisdaten oder Marktentwicklungen einzelner Unternehmen kaum zu erklären – hier sind Psychologie und Fantasie gefragt. Denn die anziehende Konjunktur in Europa, die meist strukturell bedingte bessere Ertragskraft von Unternehmen sowie die anhaltende Tendenz zu immer größeren Fusionen lassen eigentlich auf mittlere Sicht nur eine positive Entwicklung der Unternehmenswerte erwarten. Internet, Kommunikation und Datenübertragung boomen weiter im neuen Jahrtausend, Zukunftstechnologien wie Bio- und Gentechnik sind stark im Kommen, und in den alten Traditionsbranchen wie Chemie oder Finanzdienstleistungen wird inzwischen auch wieder verdient. Selbst die Handelsunternehmen schöpfen Hoffnung, weil die Verbraucher künftig wieder mehr Geld zum Ausgeben haben werden.

An den Aktienmärkten tummeln sich auf der anderen Seite inzwischen Millionen von Anlegern, die sich von den mickrigen Zinsen der Kreditinstitute nicht mehr locken lassen und bei ihrer privaten Altersvorsorge auf die Wertentwicklung internationaler Unternehmen setzen. Gerade diese Anleger sind an soliden langfristigen Anlagen interessiert – und dafür finden sie zur Zeit viele Investitionsmöglichkeiten. Auf der Empfehlungsliste fast aller Experten befinden sich beispielsweise einige Unternehmen aus dem Bank- und Versicherungsbereich, so die Münchner Allianz, die sich immer stärker zum Allfinanzkonzern mit umfangreicher Vermögensverwaltung entwickelt. Aber auch Banken wie die englische Lloyds TSB, die holländische ING Groep oder die japanische Sanwa Bank stehen auf der Einkaufsliste zahlreicher Analysten. Dazu kommen weltweit agierende Traditionsunternehmen wie zum Beispiel DaimlerChrysler oder Siemens, General Electric oder IBM, aber auch Linde oder Nebenwerte wie WMF, inzwischen der in Europa führende Besteckhersteller.

Zu den Aktien, die in einem gut gemischten Depot nicht fehlen sollten und die auf mittlere Sicht kräftige Wertsteigerungen erwarten lassen, gehören aber auch viele Anteilscheine von Firmen, die im Kommunikations-, Computer- und Internetbereich ihr Geld verdienen. Die Liste reicht von Microsoft und Intel, Hewlett-Packard, Toshiba und Sharp bis zu den Handy-Anbietern Nokia oder Motorola. Überhitzungsphasen sollten allerdings gerade die langfristig orientierten Anleger meiden – und sich selbst ein angemessenes Limit für den Einstieg in bestimmte Unternehmen setzen. Und wem bei der Achterbahnfahrt mit täglichen Kursschwankungen schlecht wird, muss auf Aktien verzichten. Oder nach dem Kauf einige Jahre den Kursteil der Zeitung überblättern. Horst Peter Wickel