Schäuble auch als Kofferkuli zu jeder Zeit vorbildlich

■ CDU-Chef hat 100.000 Mark Barspende von Waffenhändler angenommen. Aufklärer will er trotzdem bleiben. Union ist enttäuscht

Berlin (taz) – Der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble hat die von ihm verlangte „beharrliche und lückenlose Aufklärung“ der CDU-Spendenaffäre einen großen Schritt vorangebracht. Nachdem er am Montag in einem Fernseh-Interview bekannt hatte, dass er 100.000 Mark in bar von dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber angenommen habe, erklärte er gestern: „Ich habe überhaupt nichts gemacht, was nicht in Ordnung gewesen wäre.“

Denn dass die Summe nicht ordentlich verbucht worden sei, sei die Schuld der damaligen Schatzmeisterin Brigitte Baumeister. Ansonsten halte er jedoch „gerne“ seinen Kopf hin, „wenn es der Aufklärung dient“. Der Grund für sein bislang beharrliches Schweigen über eigene Verstrickungen sei, dass er den Vorgang erst im Stillen habe gründlich prüfen lassen wollen: „Ich bin ein Mensch – und dazu stehe ich –, der Sachverhalte gänzlich geklärt haben will, bevor er über sie öffentlich spricht.“

Solcherlei Erklärung reicht jedoch selbst vielen seiner Parteifreunde nicht aus. Der schleswig-holsteinische Spitzenkandidat für die Landtagswahl und stellvertretende CDU-Vorsitzende, Volker Rühe, findet, es sei der Eindruck entstanden, „dass hier etwas zurückgehalten worden ist“. Er hätte sich gewünscht, „dass eine solche Offenlegung früher erfolgt wäre. Das war auch unsere Strategie.“ Als „einen riesigen Schlag ins Gesicht“ beschreibt der Kieler CDU-Chef Peter Kurt Würzbach das Eingeständnis. In Brandenburg gebe es erste Parteiaustritte und „tiefe Irritationen“, weiß der dortige CDU-Chef Jörg Schönbohm zu berichten. Der stellvertretende niedersächsische CDU-Fraktionschef Bernd Busemann fordert einen Neuanfang in der Parteiführung der Bundes-CDU. Die Stimmung in der CDU könne Schäuble zum Rücktritt zwingen, sagt der Mann von der Basis und fordert: „Alle im Bundesvorstand sollten jetzt überlegen, ob sie die Plätze nicht freimachen für die junge Generation.“ Ähnliche Forderungen könnten auch bald aus Nordrhein-Westfalen kommen. Denn dort sieht sich die CDU, die im Mai mit ihrem Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers die Landtagswahl gewinnen will, durch die jüngste Entwicklung in der Spendenaffäre „belastet“. CDU-Fraktionschef Laurenz Meyer kritisierte die „scheibchenweise Aufklärung“.

In der Tat wird Schäuble noch einiges zu klären haben: Denn der Version seiner Schatzmeisterin, die die volle Verantwortung für die Affäre übernommen hat, wird von ihrem Vorgänger Walther Leisler Kiep widersprochen. Baumeister sagt, da Barspenden während ihrer Amtszeit „absolut unüblich“ gewesen seien, habe sie Kiep um Rat gefragt und ihm die Spende übergeben. „Das ist falsch“, sagt Kiep. Er habe „weder damals noch zu einem späteren Zeitpunkt“ eine Spende erhalten. „Sie hat mich auch nie um Rat gefragt.“ Es gibt also noch viel aufzuklären, Herr Schäuble. – Diesmal aber wirklich „rückhaltlos“. Karin Nink

Schwerpunkt und Tagesthema Seiten 2 und 3