Deep and direct in die Futt

■ Lieder gegen den Schmerz: Sabrina Setlur spuckt zu halbfetten Beats krasse Reime voll mit hessischem Fäkalhumor

Eine Junge-Frauen-Zeitschrift titelt diesen Monat: „Die Zukunft der Frauen: Zurück an den Herd, oder was? Vier Visionen und die harten Fakten“. Für Sabrina Setlur, einzige Frau im hessischen 3p-Imperium, kein Problem. Ihre Vision auf dem aktuellen Album Aus der Sicht und mit den Worten von ... sieht so aus: Den Konkurrentinnen tüchtig „in die Futt“ hauen und ansons-ten Frauensolidarität nur auf dem großartigen Track „Hija“, zu dem die Rapperinnen Cora E. und Brixx ihren Text beisteuern.

Frau Setlur, die nach eigenen Angaben besser mit Männern als mit Frauen kann (Ausnahme: ihre Schwester, deren Stimme auf einem Track zu hören ist, und ein paar Freundinnen, mit denen sie sog. „Fotzenabende“ verbringt), kommt wohl auch mit den Macho-Späßen ihres Labelchefs und Produzenten Moses P klar, der kürzlich auf Viva behauptete, sie würde im Studio nackt rappen. Sie schreibt ihre Texte zu von ihm vorbereiteten Beats, die mehr nach Basis als nach den Absoluten Beginnern klingen und nennt das mal gefühlig „Lieder gegen Schmerz“, mal solipsistisch „Setlur 2000“.

Die Platte birgt viele ähnlich klingende Tracks, die den gesammelten Hass der Frau Setlur ausströmen sollen. Gelungene Songs wie „Ganz in blau“, „All meine Liebe“ und „Ich leb für dich“ wiegen das nicht auf. Zudem scheint sich Frau Setlur wenig um Dinge außerhalb der 3p-Welt zu scheren. In Interviews redet sie von ihrem ollen Lieblings-Sweatshirt ( „Meine Mutter sagt immer, ich sehe damit aus wie ein Penner“) und stellt sich vor, wie es sich blond und geil und dumm leben ließe.

Die Menschen von 3p mögen eben den „total krassen“ Humor. Und nebenbei noch die Tatsache, dass preisbehängte Goldesel wie Frau Setlur und Herr Naidoo die ganze Bande prima ernähren können. Denn es scheint eine Menge Leute zu geben, die auf die hessisch-fäkale Reimkunst stehen, welche sogar mundartlich genau im Booklet abgedruckt ist. Womöglich, damit die Zuschauer in der Großen Freiheit, wohl zu 90 % männliche Exil-Hessen, die sabbernd in der ers-ten Reihe stehen, männliche New-Balance-Träger und männliche Bankangestellte, die teure Uhren tragen und keine Angst um ihre Weichteile haben müssen, mitrappen können. Wie heißt es so treffend in „Setlur 2000“: „weil mein rough Stil ein bisschen krass für den Tag is' man ihn besser bei Nacht spielt“. Genau.

Barbara Schulz

mit Brooke Russel: Sa, 15. Januar, 21 Uhr, Große Freiheit