Lebe lieber gewöhnlich

■ Etwas konventioneller: Shinobu Yaguchis Krimi-Komödie Adrenaline Drive setzt da an, wo sein „Sakikos geheimer Schatz“ aufhörte – beim Geld, das einen Besitzer sucht

Adrenaline Drive – der Titel deutet schon an, was da wohl zu erwarten sei. Vor allem schnell und rasant soll es hier zugehen. Da es sich um keinen ständig cool durchladenden Thriller, sondern um eine screwball comedy handelt, macht auch das erst mal neugierig. Denn Geschwindigkeit ist wohl das, was dem Humor im Kino am allerwenigsten abträglich ist.

Erst recht gespannt sein auf den Berlinale-Publikumsliebling durfte man, wenn man im letzten Jahr Shinobu Yaguchis Sakikos geheimer Schatz im 3001 gesehen hatte: Damit hat der Regisseur nicht nur eine der witzigsten und subversivs-ten japanischen Komödien der letzten Zeit geschaffen, sondern auch eine wundervolle Hommage an seine herrlich trotzig agierende Hauptdarstellerin Nishida Naomi, eine der sicher unversöhnlichsten Agentinnen im Geschlechterkampf. Statt sich von ihren Verehrern zum Essen einladen zu lassen, ließ sie sich lieber in bar auszahlen. Wenn die Liebe eh schon immer korrumpiert ist, schien Shinobu Yaguchi sagen zu wollen, dann sind die Moneten auf jeden Fall die aufrichtigere Option. Und um an einen verschollenen Geldkoffer zu gelangen, tat sie buchstäblich alles: Bergsteigen lernen, Daumenkinos basteln, Studieren, Tauchen.

Um Geld geht es auch in Adrenaline Drive, wenn auch längst nicht so anarchistisch. Suzuki arbeitet bei einer Autoverleihfirma. Rumms: Mirnichtsdirnichts rammt er aus Versehen den Jaguar eines Yakuzas und wird in das Hauptquartier der Bande verschleppt. Es knallt ein zweites Mal. Eine Bombe von der Konkurrenz geht bei den Gangstern hoch, und der sanftmütige Suzuki wird zusammen mit dem überlebenden Jaguar-Besitzer von der schüchtern dahin träumenden Krankenschwester Shizuko abtransportiert. Es knallt ein drittes Mal: Der Krankentransport versinkt in einem Kanal; Suzuki und Shizuko finden sich plötzlich im Besitz einer Tasche mit Unmengen blutverschmierten Geldes, das sie erstmal in den Waschsalon bringen.

Wir ahnen es: Ist der öde Job gekündigt, lässt sich mit Geld viel Spaß haben, sofern man die ersten puritanischen Anlaufschwierigkeiten überwunden hat. Denn Geld macht tatsächlich glücklicher, und auch schöner, wie wir an der Transformation Shizukos vom Mauerblümchen zur femme fatale erleben. Die beiden verlieben sich zärtlich, quartieren sich in der Suite eines Nobel-Hotels ein und haben inzwischen den örtlichen Yakuza-Nachwuchs (die Comedy-Truppe Jovi Jova) am Hals, der zwar gefährlich, aber auch, zur Freude des Zuschauers, gefährlich dumm agiert.

Shinobu Yaguchis weiß, diese Konstellation für reichlich Gags und ein so überraschendes wie charmantes Ende zu nutzen. Auch wenn er diesmal den Spielregeln der Komödie etwas gehorsamer folgt, lässt sich das doch prima mit viel humoristischem Gewinn weggucken. Komischer als so manche amerikanische oder britische Komödie ist das allemal – und feinsinnigere Gemüter können ja in die Oper gehen. Dafür wird die ja schließlich auch subventioniert. Tobias Nagl

ab heute, 3001, 20.30 Uhr