Kinder schlagen Telekom

Die Baskets Bonn wollen in der Europaliga mit sportlichen Delikatessen die Halle füllen. Das 56:67 gegen die Goliaths aus Bologna stört dabei wenig ■ Aus Bonn Thorsten Schabelon

Richard Lukin hatte von einem „Big Game“ in der Hardtberghalle gehört. „Well“, dachte sich der 50-jährige basketballverliebte Kalifornier, der mit seiner Ehefrau in Bonn lebt, „dann schaue ich mir doch mal ein Spiel der Telekom Baskets Bonn an.“

Zufallsinteressent Richard Lukin hat, ohne es zu ahnen, sich für den „Aufbau Europa“ qualifiziert, mit dem die Bonner Korbjäger ihre Fans auf den Geschmack von europäischem Spitzenbasketball bringen wollen. Zu den Bundesligaspielen der Bonner kommen durchschnittlich etwa 3.400 Fans, im Europacup reichte es in der vergangenen Saison nur zu 2.200. In dieser Saison wurde es besser: Dank attraktiver Vorrundengegner wie Iraklis Thessaloniki und Partizan Belgrad und intensiver Freikartenaktionen zählten die Baskets schon etwa 3.000 Zuschauer pro Spiel.

„Die Spiele gegen Thessaloniki und Belgrad waren sportliche Delikatessen, die man im Meisterschaftsalltag nur selten geboten bekommt“, sagt Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich. Deshalb sieht man in Bonn auch über das wegen der weiten Reisen finanzielle Minusgeschäft Saporta-Cup großzügig hinweg. Die ehemaligen Hauptstädter orientieren sich an den neuen Hauptstädtern von Alba, die bei Europacupspielen regelmäßig mehr Zuschauer als in der Bundesliga haben. „Wir wollen hier etwas aufbauen, was auch bei Alba Berlin beispielsweise einen jahrelangen Lernprozess erforderte“, bestätigt Wiedlich.

Und mit einem derzeit im Gespräch befindlichen Fernsehvertrag für die Bundesliga und einer möglichen neuen Halle würde fruchtbarer Nährboden für diesen Prozess und die Vision von Bonns Trainer Bruno Socé geschaffen. Der will in drei Jahren ein europataugliches Team aufgebaut haben. „Bis dahin müssen wir aber noch viel, viel arbeiten“, bremst Socé alle voreilige Euphorie.

Für die ehrgeizigen Pläne war den Rheinländern mit Italiens Topteam Kinder Bologna, im Vorjahr sogar Finalist in der Europaliga, in der Sechzehntelrunde des Saporta-Cups zwar ein sportlich und wirtschaftlich übermächtiger, aber unvergleichbar attraktiver Gegner beschert worden. Goliath Bologna, ganz europäisch mit zehn Spielern aus acht Ländern angetreten, bewegt sich finanziell in anderen Dimensionen, gar Galaxien als David Bonn. Den serbischen Star und ehemaligen NBA-Spieler der Italiener, Predrag Danilovic, könnten sich die Telekom Baskets mit ihrem Jahresetat von etwa drei Millionen Mark kaum für eine halbe Saison leisten.

Danilovic zeigte beim erwarteten und nie gefährdeten Hinspielsieg mit 67:56 (35:25) seiner Mannschaft in Bonn, dass er sein Geld weitestgehend wert ist. Mit einer fantastischen Trefferquote von 75 Prozent aus dem Feld und am Ende 15 Punkten war er nach dem eher unauffälligen Franzosen Antoine Rigaudeau (20 Punkte) zwar nur zweitbester Korbjäger, lenkte aber zu jedem Zeitpunkt das völlig auf ihn zugeschnittene Spiel der Kinder-Mannschaft. Selbstbewusst fragte Bolognas größter Verdiener Danilovic Bonns größten Spieler Gunther Behnke dann auch gleich nach einem Foul, ob er denn nicht wisse, wen er da vor sich habe.

Ohne ihren Anfangsrespekt wäre es für die Bonner vielleicht noch knapper ausgegangen. Wenn nur der eigentliche Top-Scorer Hurl Beechum wenigstens ein paar Mal getroffen hätte. Er blieb bei 0 Punkten. Immerhin: In der zweiten Halbzeit hatten sich die Bonner Underdogs wie üblich dem Spielniveau des Gegners angepasst, aber diesmal durchaus im positiven Sinne. Aufbauspieler Derrick Phelps, „der kleine General“, war dabei besonders gern gegen die kompromisslose „Bologna wall“ angerannt. Am Ende kam er auf respektable 17 Punkte.

Nur elf Punkte Differenz: So nah hatte sich in den vorhergehenden zehn Saporta-Cup-Spielen der Saison noch niemand an Bologna herangewagt. Für die 3.000 Zuschauer, „ohne Freikartenaktion“, wie Präsident Wolfgang Wiedlich stolz bemerkte, der sehr wahrscheinlich versöhnliche Abschluss einer überaus attraktiven Europacup-Saison. Bleibt aber noch „das attraktivste Auswärtsspiel der Vereinsgeschichte“: Nächste Woche in Bologna können die Telekom Baskets ja immer noch mit zwölf Punkten gewinnen. „Wunder gibt es immer wieder“, skandierten einige überaus optimistische Baskets-Fans. Es wirkte indes wie ein leichter Hang zum Wahnsinn.

Richard Lukin, der spontan Angelockte, hat seinen Besuch trotz der klaren Niederlage nicht bereut: „I really enjoyed the game“, ließ er wissen. Bei Gelegenheit, dann „hoffentlich auf einem höheren Level“, will er mal wieder vorbeischauen. Auch wenn sich diese komisch deutschtümelnden Germans Telekom mit k schreiben.