Das Frauenfinale bleibt wieder aus

Für die Präsidentenwahlen in Finnland sind vier Frauen nominiert. Doch die nehmen sich gegenseitig die Stimmen weg. Das Rennen könnte der einzige männliche Kandidat machen

Stockholm (taz) – Nach zehn Männern ist es Zeit für eine Frau im höchsten Staatsamt. Darüber waren sich in Finnland fast alle Parteien einig, als sie 1999 ihre KandidatInnen für die Nachfolge des nicht mehr antretenden Präsidentenschwergewichts Martti Ahtisaari kürten. Vier der fünf größten Parteien nomierten je eine Frau, lediglich die Zentrumspartei griff auf einen Mann zurück.

Doch wenige Tage vor der am kommenden Sonntag stattfindenden Wahl bietet sich nun das Szenario, vor dem viele gewarnt hatten. Die Frauen sind zwar dabei, knapp zwei Drittel der Stimmen einzuheimsen. Aber nur zusammen. Sieger verspricht der männliche Kandidat zu werden.

Jüngste Umfragen sagen dem Vorsitzenden der Zentrumspartei, Esko Aho, 38 Prozent voraus. Von den Mitbewerberinnen vermag ihm nur die sozialdemokratische Außenministerin Tarja Halonen mit 30 Prozent einigermaßen zu folgen. Die anderen drei KandidatInnen, die konservative Riitta Uosukainen, die liberale Elisabeth Rehn und die grüne Europaparlamentarierin Heidi Hautala nehmen sich nur die Stimmen weg, die für eine Stichwahl erforderlich wären.

Dabei sah vor einigen Wochen noch alles nach einem Finale zweier Frauen aus. Doch die populäre Parlamentsvorsitzende Riitta Uosukainen, Kandidatin der konservativen Sammlungspartei, ist ausgerechnet im Endspurt in einem selbst verschuldeten Stimmentief versunken. Erst machte sie den FinnInnen klar, dass mit ihr eine neue Ära beginnen werde. „Ich werde Leitvogel werden, der alle anderen an den rechten Platz setzt.“ Solch Ansätze von Größenwahn und Aussicht auf Entmündigung begeisterten aber nur einen kleinen Teil der Finnen. Nur noch 18 Prozent wollten sich zuletzt von der Ex-Studienrätin „an den rechten Platz setzen“ lassen.

Dann beging Uosukainen einen weiteren Fauxpas. Sie rührte an der Karelienfrage. Den Teil von Karelien, den Finnland nach dem Krieg an Moskau abtreten musste, wollte sie zurückhaben. Nur das Land, nicht die halbe Million dort lebende russische Bevölkerung. Mit diesem Vorstoß machte sich Riitta Uosukainen bei den meisten FinnInnen endgültig unmöglich.

Auch die andere als aussichtsreich geltende Kandidatin, Elisabeth Rehn, einst erste weibliche Verteidigungsministerin und zuletzt UN-Menschenrechtsbeauftragte für Bosnien, war vorzeitig auf der Strecke geblieben. Rehn versuchte, sich ebenfalls mit kontroversen Fragen zu profilieren. So mit einer Aussage für die bestehenden Grenzen und eine schnelle Mitgliedschaft Finnlands in der Nato. Was immer mehr FinnInnen, die nicht für eine Sozialdemokratin stimmen wollten, zu Esko Aho trieb. In Umfragen nennen viele ihren Wunsch, zu vermeiden, dass ein „unmöglicher“ Kandidat gewinnt.

Trotz ihrer Verdienste als Außenministerin ist dies für manche FinnInnen Tarjo Halonen. „Solidarität“ und „Gleichstellung“ sind ihre Lieblingsworte, sie warnt vor dem zunehmenden Egoismus in der Gesellschaft und hofft auf ein Zurück zum Wohlfahrtsstaat. „Unmöglich“ als Präsidentin ist sie für Konservative, weil sie seit 15 Jahren unverheiratet mit einem Mann zusammenlebt, eine Tochter aus einem anderen Verhältnis hat und sich aktiv für die Gleichberechtigung von Homos einsetzt.

Demgegenüber gilt Esko Aho als „sichere Karte“. Als Präsident werden von ihm keine Überraschungen zu erwarten sein. Zumal eine Verfassungsänderung dem Amt viele seiner Befugnisse in der Außenpolitik und bei der Regierungsbildung genommen hat. Sein Handicap: Als Kandidat der bäuerlichen Zentrumspartei hat er es schwer, Stimmen in den Städten zu gewinnen. Sein Vorteil: Er dürfte vorwiegend männliche Wähler auf sich ziehen, so wie Tarjo Halonen auf die Frauen und den linken Flügel der Wähler setzen kann. Kommen beide auf die Spitzenplätze, könnte es bei der Stichwahl am 6. Februar noch mal spannend werden. Reinhard Wolff