Pflichttermin ■ Diepgen verweigert sich dem Mahnmal

Die Ankündigung seines Büroleiters, der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) werde angeblich aus Termingründen nicht zum symbolischen Baubeginn für das seit zehn Jahren geplante Holocaust-Mahnmal kommen, konnte nicht überraschen. Allzu häufig redete man sich in den letzten Tagen in der Senatskanzlei bei Anfragen damit heraus, die Einladung für die geplante Bautafel-Enthüllung liege noch nicht vor – wer Diepgens in der Regel bemühte Argumentation erst gegen das Mahnmal an sich, dann gegen den Entwurf von Peter Eisenman in Erinnerung hatte, ahnte da schon: Der Mann hat einfach keine Lust zu kommen.

Dass er seiner Lust nun nachgibt, ist zumindest konsequent – schließlich hat er, wie ein Förderkreis-Mitglied überspitzt, aber zurecht angemerkt hat, „als Verhinderer“ Wahlen gewonnen. Diepgen ist eben der Fürsprecher vieler schweigender Berliner, die so ein „Judendenkmal“ nicht haben wollen. Denn wer wird schon gern an die bösen Seiten unserer Geschichte erinnert.

Aber: Diepgens persönliche Lust oder Unlust spielen hier überhaupt keine Rolle. Das Mahnmal war fast von Anfang an immer auch ein städtisches Objekt, noch jetzt sitzen Berliner Senatoren im Kuratorium der Stiftung zum Bau des Mahnmals. Es ist durch die Bundestagsentscheidung vom Sommer zu einem nationalen Projekt geworden – da muss man erwarten dürfen, dass der Bürgermeister der Stadt, in der dieses Projekt reift, zumindest mitspielt. Aber diese Klasse hat Diepgen nicht. Schon nach der Bundestagsentscheidung hat er sich als schlechter Verlierer erwiesen.

Es drängt sich der Verdacht auf, Diepgen gehöre zu denen, die das Mahnmal am liebsten auf kaltem Weg noch kippen wollen. So ließe sich erklären, warum sich angeblich erst jetzt herausstellt, dass ein Teil des Mahnmal-Geländes noch teuer von einer Wohnungsbaugesellschaft gekauft werden muss. Als ob solche Dinge nicht schon viel früher hätten klar sein müssen! Angesichts dieses Verdachts ist beinahe zu hoffen, dass diese Planungspanne nur eine Provinzposse ist und dahinter keine Verhinderungsstrategie steckt. Dann wäre Diepgens Fehlen wenigstens nur peinlich. Philipp Gessler